Das Europaparlament und die Regierungen der EU-Staaten haben sich nach zähen Verhandlungen auf den EU-Haushalt für das kommende Jahr verständigt. Die in der Nacht zum Dienstag von Unterhändlern erzielte Einigung sieht vor, dass 2022 rund 169,5 Milliarden Euro verplant werden können. Dies entspricht einem Plus von etwa fünf Milliarden Euro im Vergleich zur ursprünglichen Haushaltsplanung für das laufende Jahr. Die Forderungen des EU-Parlaments lagen mit 171,8 Milliarden Euro ursprünglich wesentlich höher als das Gebot der Mitgliedstaaten (167,7 Milliarden Euro).
Das Geld aus dem EU-Gemeinschaftsbudget soll unter anderem helfen, die wirtschaftlichen Folgen der Coronapandemie einzudämmen und den Umwelt- und Klimaschutz zu fördern. Ein Großteil des Betrags wird zudem wie gehabt zur Unterstützung von Landwirten und vergleichsweise armen Regionen in den EU-Ländern dienen.
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»Wir haben heute eine ausgewogene Vereinbarung erzielt, was eine gute Nachricht für die europäischen Bürgerinnen und Bürger ist«, kommentierte die für die Regierungsseite verhandelnde Slowenin Irena Drmaz. Das Finanzpaket werde den laufenden Aufschwung und die Ziele im Bereich der Klima- und Digitalpolitik weiter unterstützen.
Auch EU-Haushaltskommissar Johannes Hahn zeigte sich erleichtert. Er hätte einen neuen Haushaltsentwurf vorlegen müssen, wenn die Gespräche gescheitert wären.
EU-Parlament bekommt neue Stellen
Ein großer Streitpunkt in den Verhandlungen war nach Angaben von Diplomaten die Forderung des EU-Parlaments nach bis zu 322 neuen Mitarbeitern gewesen. Mitgliedstaaten hielten diesen Anspruch für unzureichend begründet, das Europaparlament setzte sich aber letztlich mit der Drohung durch, die Gespräche sonst platzen zu lassen.
Der für das Europaparlament verhandelnde Kroate Karlo Ressler erklärte in einer Pressekonferenz, die zusätzlichen Stellen seien notwendig, damit das Parlament seine Kontrollfunktion bei den Corona-Hilfen und seine Rolle als Gesetzgeber erfüllen könne. Details nannte er allerdings auch auf Nachfrage nicht. In der Pressemitteilung des Parlaments zur Einigung wurde das Mitarbeiter-Thema gar nicht erwähnt.
Das Europaparlament strich nach Abschluss der Verhandlungen vor allem heraus, dass es rund 479 Millionen Euro zusätzlich für seine Prioritäten in Bereichen wie Gesundheit, Jugend und Klimaschutz heraushandelte. Mehr Geld als von der EU-Kommission vorgesehen wird es demnach unter anderem für das europäische Erasmus-Programm für Jugend, Bildung und Sport und das Life-Programm für Umwelt-, Natur- und Klimaschutzprojekte geben.
Aus deutscher Sicht sind die Haushaltsverhandlungen besonders bedeutsam, weil die Bundesrepublik als größter Nettozahler der Union deutlich mehr als ein Fünftel der Mittel des EU-Haushalts beisteuert. Zugleich betont Berlin grundsätzlich, dass Deutschland auch so sehr vom EU-Binnenmarkt profitiere wie keine andere europäische Volkswirtschaft. Aus deutschen Verhandlungskreisen wurde während der Verhandlungen darauf verwiesen, dass 2022 wegen des Wiederaufbauprogramms »Next Generation EU« insgesamt so viel Geld wie noch nie für die Finanzierung europäischer Projekte zur Verfügung steht.
Das mehrjährige Corona-Wiederaufbauprogramm der EU sieht so nach angepassten Preisen Hilfen in Höhe von insgesamt 800 Milliarden Euro vor. Sie werden zusätzlich zu den Mitteln aus dem normalen Gemeinschaftshaushalt zur Verfügung gestellt. In letzteren wollen die Mitgliedstaaten in der EU-Finanzperiode von 2021 bis Ende 2027 rund 1074 Milliarden Euro einzahlen.
Damit der Haushaltsplan für 2022 umgesetzt werden kann, muss die Einigung aus der Nacht zum Dienstag noch in einer Plenumssitzung des Parlaments und von einem Ministerrat bestätigt werden. Dies gilt allerdings als Formsache.