Der frühere Außenminister und SPD-Politiker Sigmar Gabriel beklagt den aus seiner Sicht arroganten Umgang Deutschlands mit dem WM-Gastgeberland Katar. Er ärgere sich seit »geraumer Zeit über die Überheblichkeit«, sagte er dem Magazin »Stern«. Zudem verteidigte Gabriel scharfe Äußerungen auf Twitter vom Wochenende. Dort hatte er unter anderem geschrieben: »Die deutsche Arroganz gegenüber Qatar ist ›zum Ko…‹! Wie vergesslich sind wir eigentlich?«
Auch Deutschland habe Jahrzehnte gebraucht, um ein liberales Land zu werden. Auch in Deutschland sei Homosexualität bis 1994 strafbar gewesen. »Meine Mutter brauchte noch die Erlaubnis des Ehemanns, um zu arbeiten.« Fortschritt komme »nicht über Nacht, sondern Schritt für Schritt.« Während etwa die Vereinten Nationen Katar für Reformen lobten, würden die Deutschen das Land jeden Tag beleidigen.
Es sei keineswegs so, dass er nicht auch die Probleme in Katar sehe, sagte Gabriel dem »Stern«. Welche Probleme er konkret sieht, benannte Gabriel nicht. »Ich sehe aber ebenso, was sich dort in den letzten Jahren alles zum Besseren getan hat. Und speziell in Deutschland wird das komplett ausgeblendet.«
Gabriels Aussagen auf Twitter wurden am Wochenende bereits heftig kritisiert. Der Grünen-Politiker Volker Beck antwortete etwa: »Sie setzen allen Ernstes die Situation von Homosexuellen in Deutschland 1994 mit der von Qatar 2022 gleich? Sie haben doch einen Sprung in der Schüssel mit Ihrer Despotenversteherei«.
Die Weltmeisterschaft beginnt am 20. November in dem Emirat auf der arabischen Halbinsel. Das Abhalten der Fußball-WM in dem Land steht jedoch in der Kritik. Katar wird unter anderem Misshandlung von Gastarbeitern vorgeworfen. Außerdem wird die Haltung des Landes zu LGBTQ-Rechten kritisiert. Die für den Spitzensport zuständige Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) will bei einem Besuch in Katar über die dortige Menschenrechtslage und die Lebensbedingungen ausländischer Arbeiter sprechen.