Die schwarz-grüne Landesregierung in Nordrhein-Westfalen missachtet offenbar selbst gesteckte Ziele: Im Koalitionsvertrag hatte sie angekündigt, für eine »agile Landesverwaltung« Strukturen zu »verschlanken« – doch unter Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) setzt man in der Regierungszentrale anscheinend das Gegenteil um. Seit einigen Jahren steige die Zahl der Beschäftigten in der Düsseldorfer Staatskanzlei, heißt es in einem internen Tätigkeitsbericht des Personalrats.
Für die Regierungszentrale arbeiten derzeit 616 Personen. Ende 2018 waren es noch 552. Zudem wuchs die Zahl der Referate. Laut dem aktuellen Organisationsplan gibt es inzwischen 74 Referate, Stabsstellen sind nicht mitgerechnet. 2017 waren es noch 61 Referate.
Die Rückkehr der Atomangst
Putin spielt mit der nuklearen Drohung, raunt von möglichen Angriffen auf den Westen, spekuliert über schmutzige Bomben der Ukraine. Vielen Deutschen macht das Angst, sie fühlen sich an die Achtzigerjahre erinnert, an den Ost-West-Konflikt. Damals bildete sich eine starke Friedensbewegung. Wie ist es heute?
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So soll es ein neues Referat geben, das sich ausgerechnet »Bürokratieabbau durch Aufgabenkritik, Digitalisierung und Prozessoptimierung« nennt, außerdem eine Stabsstelle mit dem Namen »Demografischer Wandel, Einsamkeit«. Die neuen Einheiten dienten Wüsts Profilierung, während das Kerngeschäft personell vernachlässigt werde, sagen Kritiker aus der Staatskanzlei.
»Globale Herausforderungen«
Ein Sprecher der Regierungszentrale führt den Personalzuwachs darauf zurück, dass die Staatskanzlei »in ihrer Aufgabenstellung breiter aufgestellt« sei als früher. Exemplarisch sei der Vorsitz Nordrhein-Westfalens in der Ministerpräsidentenkonferenz zu nennen. Den Vorsitz des Gremiums hat NRW vor wenigen Wochen allerdings an Niedersachsen abgegeben. Es gehe auch darum, teilt der Sprecher weiter mit, die Regierung »im Lichte der globalen Herausforderungen weiter krisenfest zu organisieren«.
Für das Jahr 2023 hat die Staatskanzlei 29 zusätzliche Stellen im Haushalt angemeldet. Auf Anfrage bestätigt der Sprecher, dass der Etatentwurf diesen Zuwachs vorsehe. Die neuen Stellen seien »nur teilweise der Regierungsbildung und der Umsetzung geänderter politischer Zielvorgaben geschuldet«. So seien bei der zivilen Alarmplanung und der Informationssicherheit »verstärkte Anstrengungen erforderlich«.
Derweil wachsen auch in anderen Bundesländern die Regierungszentralen personell an: In Bayerns Staatskanzlei beispielsweise arbeiten 565 Beschäftigte, ein Plus von 59 seit 2019.