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Illegale chinesische Polizeiarbeit in Deutschland: »Ein Verstoß gegen völkerrechtliche Vereinbarungen«

Chinesische Botschaft in Berlin


Foto: Winfried Rothermel / imago images

Die Opposition im Bundestag zeigt sich empört wegen möglicher geheimer chinesischer Polizeiarbeit in Deutschland. Illegale Polizeiaktionen seien »ein Verstoß gegen völkerrechtliche Vereinbarungen«, sagte Jürgen Hardt, der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion dem SPIEGEL. Es sei »ungeheuerlich, dass die chinesische Diktatur ihren totalitären Anspruch auf die Chinesen in Deutschland so unverfroren ausweitet«.

Hintergrund sind Berichte und Recherchen über chinesische Polizeiarbeit in Frankfurt am Main. Hessische Behörden gehen dem Verdacht nach, China könnte in der Stadt womöglich eine illegale Polizeistation unterhalten. Das sagte ein Sprecher des hessischen Innenministeriums der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung« .

Demnach ist neben den Fachdienststellen der Polizei auch das Landesamt für Verfassungsschutz beteiligt. Es gehe darum zu prüfen, ob sich ein solches »Büro« tatsächlich in Frankfurt befinde und welche Aktivitäten von dort aus ausgeübt würden, sagte der Sprecher der Zeitung zufolge. Nähere Erkenntnisse gebe es bisher noch nicht.

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»Servicecenter« für diplomatische Dienstleistungen

In den vergangenen Tagen wurden zudem berichtet, dass China unter dem Deckmantel von »Servicecentern« eigene Polizeieinrichtungen in Europa betreiben soll. Erkenntnissen niederländischer Medien zufolge seien mindestens zwei solcher verbotener Polizeistationen in den Niederlanden eingerichtet worden. Recherchen der spanischen Nichtregierungsorganisation  »Safeguard Defenders« künden von Stationen in Spanien, Italien, Großbritannien sowie 18 weiteren Ländern.

Offiziell würden die »Servicecenter« in Amsterdam und Rotterdam diplomatische Dienstleistungen für Chinesinnen und Chinesen im Ausland anbieten, wie etwa die Verlängerung von Fahrerlaubnissen. Tatsächlich würden die Einrichtungen genutzt, um Jagd auf Dissidenten im Exil zu machen, kritisiert die spanische NGO.

Auf Anfrage erklärt eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums, Deutschland habe mit China »kein bilaterales Abkommen über den Betrieb von sogenannten Übersee Polizeistationen (ÜPS) geschlossen«. Die Bundesregierung toleriere nicht die Ausübung fremder Staatsgewalt »und entsprechend verfügen chinesische Stellen über keinerlei Exekutivbefugnisse auf dem Territorium der Bundesrepublik Deutschland«.

Unionspolitiker Hardt fordert die Bundesregierung nun auf, »rasch für eine gründliche Ermittlung durch das BKA« zu sorgen: »Sollte sich herausstellen, dass illegale Polizeiaktionen stattgefunden haben, haben die Beteiligten keinen Anspruch auf diplomatische Immunität und müssen für ihre Vergehen belangt werden. Dabei geht es auch um ein klares Signal an einen chinesischen Staat, der Europa zunehmend als Spielfeld seiner Großmachtpolitik zu betrachten scheint.«


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Nach SPIEGEL-Recherchen sind in Deutschland mehrere Zuträger des chinesischen Polizeiapparates aktiv. Sie sollen allerdings nicht in tatsächlichen »Polizeistationen« auf deutschem Boden arbeiten, sondern in mehreren Bundesländern als Ansprechpartner chinesischer Polizeieinheiten für Exilchinesen sichtbar und bei Problemen über Messengerdienste erreichbar sein.

Ein höchst problematisches Konstrukt: Denn nach Einschätzung von Sicherheitsexperten unterläuft China mit solchen polizeilichen Serviceangeboten nicht nur deutsche Souveränität. Die Regierungshelfer sammeln wohl auch Informationen etwa über Dissidenten, die zurück nach China fließen.


Martina Renner, Linke

Martina Renner, Linke


Foto: Bernd von Jutrczenka/ picture alliance / Kay Nietfeld/

Die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Martina Renner, fordert Berlin ebenfalls zum Handeln auf: »Es wäre das Mindeste, dass die Bundesregierung ihre Erkenntnisse zu solchen mutmaßlichen, illegalen Polizeieinheiten Chinas in Deutschland offenlegt«, so Renner zum SPIEGEL.

Der Bericht von »Safeguard Defenders« solle Anlass für die Bundesregierung sein, die Vorwürfe zu prüfen: »Eine Erklärung, dass der Unterhalt solcher Polizeistationen illegal wäre, ist nicht ausreichend«, so die Linkenpolitikerin.

China sei bei Weitem nicht der einzige Staat, der gegen Dissidenten im Ausland vorgehe, auch wenn sie dort Asyl erhalten hätten: »Die Bundesregierung muss hier den Schutzauftrag des Asylrechts ernst nehmen und gegen solche Operationen vorgehen«, fordert Renner.

Der Grünen-Sicherheitsexperte Konstantin von Notz sagte dem SPIEGEL: »Uneindeutiges staatliches Handeln außerhalb des diplomatischen Rahmens ist hochproblematisch. Wir haben es hier mit einem Fall für den Verfassungsschutz zu tun.«

In den Niederlanden berichteten »RTL« und die Investigativplattform »Follow the Money«  unter anderem über den geflohenen chinesischen Dissidenten Wang Jingyu. Er soll demnach in den Niederlanden ins Visier chinesischer Polizisten geraten sein. Per Telefon sei er zum Erscheinen in einem der vermeintlichen »Servicecenter« aufgefordert worden – dann sei er unter Druck gesetzt worden, nach China heimzukehren. Später habe er Drohungen erhalten. Die chinesische Botschaft gab gegenüber »RTL« an, ihr sei die Existenz der Polizeistellen nicht bekannt.

Die irische Regierung hat bereits die Schließung einer solchen chinesischen Einrichtung in Dublin angeordnet. Keine chinesische Behörde habe um eine Erlaubnis für die Einrichtung einer Polizeistation ersucht, teilte das irische Außenministerium am Mittwoch mit.

Man habe die Angelegenheit bei den chinesischen Behörden zur Sprache gebracht und sie aufgefordert, die Einrichtung zu schließen, zitiert die BBC das Ministerium . Die chinesischen Behörden seien dem nachgekommen. Die chinesische Botschaft in Dublin wies jedoch jegliches Fehlverhalten zurück.


til/rol/sog/kev/kor

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