Nach der Genehmigung des Cosco-Teileinstiegs bei einem Containerterminal im Hamburger Hafen haben Grüne und Union die Entscheidung der Bundesregierung kritisiert. »Der Verkauf eines Anteils des Hamburger Hafenterminals an das chinesische Unternehmen Cosco ist und bleibt ein Fehler«, sagte Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge. Die Finanzbeteiligung unter 25 Prozent begrenze zwar den Schaden. Aber selbst die bedeute wirtschaftliche Abhängigkeit und beeinträchtige Deutschlands Souveränität bei kritischer Infrastruktur.
Wer die Investition zu einem reinen Wirtschaftsprojekt verkläre, habe nichts aus der Russlandpolitik der vergangenen Jahrzehnte gelernt, sagte Dröge weiter. Es brauche in der Ampelkoalition nun eine Verständigung auf eine »gemeinsame und kohärente Chinapolitik«. Strategische Abhängigkeiten müssten reduziert und nicht zementiert werden.
Vertragliche Vetorechte ausgeschlossen
Die Bundesregierung hat am Mittwochmorgen auf Druck von Kanzler Olaf Scholz (SPD) eine sogenannte »Teiluntersagung« des Projekts beschlossen. Sie ermöglicht der chinesischen Staatsrederei Cosco eine Beteiligung in Höhe von maximal 24,9 Prozent an dem Terminal Tollerort, das von einer Tochterfirma des Hamburger Hafenlogistikunternehmens HHLA betrieben wird.
Cosco wollte ursprünglich 35 Prozent der Anteile an dem Containerterminal Tollerort erwerben. Mehrere Ministerien hatten sich dagegen ausgesprochen, Grüne und FDP hatten Scholz offen widersprochen.
Der ausgehandelte Kompromiss sieht nun vor, dass Cosco keine weiteren Anteile erwerben kann. Dem chinesischen Staatsunternehmen werde zudem unter anderem untersagt, sich vertraglich Vetorechte bei strategischen Geschäfts- oder Personalentscheidungen einräumen zu lassen, teilte das Wirtschaftsministerium mit. Eine strategische Beteiligung am Terminal sei so verhindert und der Erwerb auf eine reine Finanzbeteiligung reduziert worden.
Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz kritisierte Scholz direkt. »Ich verstehe den Bundeskanzler nicht, wie er in einer solchen Situation darauf bestehen kann«, sagte Merz am Mittwoch im »Morgenmagazin« der ARD. »Diese Genehmigung zu erteilen, ist falsch.«
Merz fordert Neubewertung des Verhältnisses zu China
Für ihn stünden bei dem Thema »nicht in erster Linie finanzielle Aspekte im Vordergrund, sondern politisch-strategische«, fügte Merz an. Es gehe bei dem Einstieg von Cosco »um eine ganz grundsätzliche Frage unter dem Aspekt der Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik«. Der Bundesnachrichtendienst, sechs Fachministerien der deutschen Regierung, die EU-Kommission sowie befreundete Regierungen wie der USA und die meisten Fachleute seien dagegen.
Deutschland wolle zwar mit China weiterhin Handel treiben, sagte Merz. Dennoch sei insgesamt eine »Neubewertung des Verhältnisses zu China« notwendig. Er verwies auf die Erfahrungen mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine sowie die jüngsten Beschlüsse des Parteitags der Kommunistischen Partei Chinas. Das Land werde »nach innen immer repressiver« und »außen immer aggressiver«.
Der staatliche Cosco-Konzern betreibt unter anderem die weltweit viertgrößte Containerreederei. Die Schiffe laufen seit mehr als 40 Jahren das Terminal Tollerort an. Cosco will im Gegenzug zu der Beteiligung das Terminal zu einem bevorzugten Umschlagpunkt in Europa machen.
Reedereibeteiligungen an Terminals sind in der globalen Containerlogistik üblich. Cosco selbst hält allein in Europa bereits Beteiligungen an acht Terminals – Kritiker vermuten jedoch, dass China sich so gezielt Einflussmöglichkeiten sichert. »Wenn China ein ökonomisches Interesse hat, ist das nur der erste Schritt«, sagte Julia Klöckner, wirtschaftspolitische Sprecherin der Union, dem Deutschlandfunk. »Der zweite Schritt ist immer der Überbau, das politische und ideologische Interesse. Und da sind wir Systemwettbewerber.«
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte schon am Dienstag vor einer zu großen Abhängigkeit von China gewarnt. »Für die Zukunft heißt es, wir müssen Lehren ziehen. Und die Lehre zu ziehen, heißt, wir müssen einseitige Abhängigkeiten verringern, wo immer das geht, das gilt gerade auch gegenüber China«, sagte Steinmeier den ARD-»Tagesthemen«. »Es kommt sehr darauf an, dass wir sehr viel intensiver mit den Nachbarn Chinas reden, die sicherlich nicht unsere Handelsbeziehungen, wirtschaftlichen Beziehungen zu China ersetzen können. Aber Südostasien ist ein Raum mit 700 Millionen Einwohnern, wo ich glaube, wir das Verhältnis zu Ostasien neu ausbalancieren können.«