China darf sich am Hamburger Hafen beteiligen. Darauf hat sich die Ampelregierung nach Informationen der Nachrichtenagenturen dpa und Reuters in ihrer Kabinettssitzung am Morgen geeinigt. Anders als zuvor geplant wird die Beteiligung der chinesischen Staatsreederei Cosco in die Betreibergesellschaft eines Containerterminals im Hamburger Hafen jedoch deutlich geringer ausfallen .
Statt des Einstiegs mit 35 Prozent beim Containerterminal Tollerort des Hamburger Hafenlogistik-Konzerns HHLA genehmigt die Bundesregierung nun nur eine Beteiligung der Chinesen von 24,9 Prozent. Der Kompromiss soll die Wogen zwischen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und seinem Kabinett glätten: Gleich sechs Ministerien hatten zuvor ausdrücklich vor einer chinesischen Beteiligung in Hamburg gewarnt, Scholz wollte den Deal dennoch.
Am Montag war dann der mögliche Kompromiss bekannt geworden. Er sieht laut Regierungskreisen vor, dass Cosco untersagt werden soll, sich »vertraglich Vetorechte bei strategischen Geschäfts- oder Personalentscheidungen einräumen zu lassen«. Auch würde Cosco in dem Fall verboten, »Mitglieder der Geschäftsführung zu benennen«. Unter anderem Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) warnte zuvor vor neuen Abhängigkeiten.
Steinmeier warnt vor Abhängigkeiten
Das Wirtschaftsministerium hatte eine im September 2021 geschlossene Vereinbarung zwischen dem Hamburger Hafenlogistiker HHLA und dem chinesischen Terminalbetreiber Cosco Shipping Ports Limited über eine 35-Prozent-Beteiligung der Chinesen am HHLA-Terminal Tollerort geprüft. Habeck wollte den chinesischen Einstieg komplett untersagen. Auch andere Ministerien wollten dies. (Lesen Sie hier mehr zu der Frage, was vom grünen Aufstand übrig bleibt.)
Am Dienstagabend hatte zudem Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier vor einer zu großen Abhängigkeit von China gewarnt. »Für die Zukunft heißt es, wir müssen Lehren ziehen und die Lehre zu ziehen heißt, wir müssen einseitige Abhängigkeiten verringern, wo immer das geht, das gilt gerade auch gegenüber China«, sagte Steinmeier in der ARD. Er räumte mit Blick auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine ein, es gebe keine Sicherheit, dass wirtschaftlicher Austausch auch politische Annäherung hervorrufe. Das Vertrauen, dass aus Handel Wandel entstehe, sei abhandengekommen.
Oppositionsführer Friedrich Merz hatte am Morgen die Einigung scharf kritisiert. »Ich verstehe den Bundeskanzler nicht, wie er in einer solchen Situation darauf bestehen kann«, sagte der CDU-Chef im »Morgenmagazin« der ARD. »Diese Genehmigung zu erteilen ist falsch.«
Für ihn stünden bei dem Thema »nicht in erster Linie finanzielle Aspekte im Vordergrund, sondern politisch-strategische«, fügte Merz an. Es gehe bei dem Einstieg von Cosco »um eine ganz grundsätzliche Frage unter dem Aspekt der Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik«.
Auch die deutliche Mehrheit der Deutschen ist laut einer SPIEGEL-Umfrage gegen den Deal: 81 Prozent der Befragten sprachen sich gegen die Beteiligung von Cosco im Hamburger Hafen aus.
Der staatliche Cosco-Konzern betreibt auch die weltweit viertgrößte Containerreederei. Deren Schiffe laufen seit mehr als 40 Jahren das Terminal Tollerort an. Cosco will im Gegenzug zu der Beteiligung das Terminal zu einem bevorzugten Umschlagpunkt in Europa machen. Reedereibeteiligungen an Terminals sind in der globalen Containerlogistik üblich. Cosco selbst hält allein in Europa bereits Beteiligungen an acht Terminals.