In Berlin haben sich am Samstag zahlreiche Menschen versammelt, um die seit Wochen andauernden Proteste gegen das iranische Regime zu unterstützen. Tausende Menschen kamen aus weiten Teilen Europas zusammen und protestierten rund um die Siegessäule, wie Reporter der Deutschen Presse-Agentur berichteten. Nach ersten Einschätzungen der Polizei waren zum Auftakt der Demonstration rund 6000 Menschen vor Ort. Auch nach Beginn strömten Menschenmassen aus allen Richtungen zur Demonstration.
In der Nacht und am frühen Morgen waren bereits zahlreiche Iraner aus Dutzenden Städten angereist, um die systemkritischen Proteste in Iran zu unterstützten. Seit fünf Wochen reißen die Proteste gegen die Islamische Republik und ihren autoritären Regierungskurs nicht ab.
Angemeldet hatte die Demonstration das »Woman* Life Freedom Kollektiv«, das sich gegen Unterdrückung und Diskriminierung in Iran stark machen will. Zahlreiche Organisationen unterstützten den Aufruf. Vom Großen Stern in Berlin wollten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer durch das Berliner Regierungsviertel ziehen. Prominent wurde auch der Slogan der Proteste »Frau, Leben, Freiheit« gerufen. (Lesen Sie hier den SPIEGEL-Report über die Protestbewegung in Iran.)
Auslöser der Massenproteste war der Tod der 22 Jahre alten iranischen Kurdin Mahsa Amini Mitte September. Die Sittenpolizei hatte sie festgenommen, weil sie die Zwangsvorschriften für das Tragen eines Kopftuchs nicht eingehalten haben soll. Die Frau starb am 16. September in Polizeigewahrsam. Seit ihrem Tod demonstrieren Tausende gegen den repressiven Kurs sowie das islamische Herrschaftssystem.
Auch der bekannte iranische Aktivist Hamed Esmaeilion hatte zu der Demonstration aufgerufen. Nach dem Tod seiner Frau und Tochter tritt er als Aktivist bei Demonstrationen im Ausland gegen die Islamische Republik auf. Seine Familie starb bei dem Abschuss einer ukrainischen Passagiermaschine nahe Teheran im Januar 2020. Er soll als Hauptredner bei der Demonstration am Samstag auftreten.
Behörden verwarnen iranischen Geistlichen wegen kritischer Predigt
Unterdessen wurde bekannt, dass der sunnitische Geistliche Abdel Hamid von den Behörden in dem schiitisch geprägten Land eine scharfe Verwarnung der Behörden kassiert hat. Der führende Geistliche der Stadt Zahedan hatte in seiner Freitagspredigt Ajatollah Ali Khamenei, dem obersten geistlichen Führer des Landes, eine Mitverantwortung für den Tod Dutzender Menschen bei Protesten zugewiesen. Khamenei und weitere Repräsentanten des Staates müssten sich dafür »vor Gott verantworten«, sagte Hamid in seiner im Internet veröffentlichten Predigt.
Er sprach, entgegen der öffentlichen Zahlen des Landes, von rund 90 Toten bei gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Protestierenden und Sicherheitskräften am 30. September in Zahedan.