Linkenpolitikerin Sahra Wagenknecht steht heftig in der Kritik für eine Aussage zu den Grünen – diesmal auch von Parteikollegen, die sich mit Kritik an ihr bisher eher zurückhielten. Auf Twitter teilte sie eines ihrer Videos und schrieb dazu, dass sie die Grünen für die »heuchlerischste, abgehobenste, inkompetenteste und damit derzeit auch gefährlichste Partei im Bundestag« halte.
Die Aussage ist besonders heikel, auch weil die Linke in drei Bundesländern in Koalitionen mit den Grünen regiert. Fraktionschef Dietmar Bartsch, der sich selten kritisch zu Wagenknecht äußert, wurde deutlich. »Die gefährlichste im Bundestag vertretene Partei ist und bleibt die AfD. An der Regierungspolitik der Grünen habe ich viel zu kritisieren, aber sie sind demokratische Wettbewerber«, schrieb er auf Twitter. Ähnlich äußerte sich der Parlamentarische Geschäftsführer der Linken, Jan Korte: »In einem Parlament, in dem Faschisten sitzen, die Grünen als größte Gefahr darzustellen, ist dermaßen drüber und verharmlost die Gefahr von Rechts«, so Korte.
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Mehrere andere Linkenpolitiker äußerten sich ebenso. Die beiden Parteivorsitzenden Janine Wissler und Martin Schirdewan teilten die Beiträge von Bartsch und Korte.
Auch aus anderen Parteien gab es scharfe Kritik. »Sahra Wagenknecht ist eine gefährliche Populistin, die das Land brennen sehen will. Mit ihrem Querfront-Kurs zwischen Links- und Rechtsextremismus ist sie mittlerweile nicht mehr als eine Art Horst Mahler im Pelzmantel«, schrieb FDP-Fraktionsvize Konstantin Kuhle. Der Rechtsextremist Mahler war einst an der Gründung der RAF beteiligt, er wandelte sich vom Links- und zum Rechtsextremisten. Auch FDP-Vize Johannes Vogel wurde deutlich.
Dem SPIEGEL sagte Wagenknecht zu der Kritik: »Die AfD ist eine rechte Partei, die Nazis in ihren Reihen duldet und deren Erstarken ich mit größter Sorge sehe. Aber anders als die Grünen hat die AfD aktuell weder die Macht, unsere Industrie zu zerstören und Millionen Menschen arm zu machen, noch die, uns in einen großen Krieg hineinzuziehen.« All diese Gefahren aber seien »reale Folgen der Politik der Grünen, die übrigens auch ein wesentlicher Grund dafür ist, dass die AfD immer stärker wird«, so Wagenknecht. Insofern sei »die Kritik für mich nicht nachvollziehbar«.
Wagenknecht hatte erst vor wenigen Wochen ihre Partei provoziert, als sie im Bundestag davon sprach, Deutschland hätte einen »Wirtschaftskrieg« gegen Russland angezettelt. Es folgten mehrere Austritte aus der Linken wegen der Rede.
Mögliche Abspaltung steht bevor
Derweil wird in der Partei weiter über die mögliche Abspaltung der Linken um Wagenknecht gesprochen. Bei »Bild TV« sagte sie: »Ich wünsche mir, dass in Deutschland eine Partei entsteht, die die Politik der Regierung verändern kann.« Sie fügte hinzu: »Aber es ist halt nicht so einfach, eine Partei zu gründen.«
Im Parteivorstand gibt es derweil mögliche Überlegen, wie mit der drohenden Spaltung umzugehen ist. »Die Parteiführung darf nicht dabei zusehen, wie Politikerinnen und Politiker in Ämtern die Strukturen nutzen, um eine Konkurrenzpartei aufzubauen«, sagte der baden-württembergische Politiker Luigi Pantisano dem SPIEGEL. Mit welchen Mitteln dies getan werde, müsse geprüft werden.
Ebenso gäbe es die Möglichkeit, dass die Wagenknecht-Gegner die Fraktion verlassen. »Wenn die Abgeordneten die Bundestagsfraktion verlassen, die entlang der Beschlusslage der Partei agieren, könnten wir als Parteivorstand schauen, diese Gruppe als parlamentarische Vertretung der Linken anzuerkennen«, so Pantisano.
Der Linken-Bundesgeschäftsführer Tobias Bank wies das im Gespräch mit dem SPIEGEL zurück: »Die Äußerung von Luigi Pantisano ist ein Statement eines einzelnen Mitglieds des Parteivorstandes. Es ist keine Position des Gesamtgremiums«, betonte er. »Planspiele, gleich welcher Art, über Austritte aus der Bundestagsfraktion sind nicht Gegenstand der aktuellen Diskussionen des Parteivorstandes und erst recht nicht zielführend.«
Seit nun Monaten heißt es in der Linken, Wagenknecht und ihre Anhängerschaft planten die Gründung einer neuen Partei. Auf dem letzten Parteitag verloren sie nahezu alle Abstimmungen.