Das sogenannte Chancen-Aufenthaltsrecht, das Tausenden geduldeten Ausländern eine langfristige Bleibeperspektive in Deutschland eröffnen soll, stößt bei der Opposition auf breiten Widerstand. Während CDU/CSU und AfD bei der ersten Lesung im Bundestag vor Fehlanreizen und Asylmissbrauch warnten, gehen der Linken die Pläne der Ampel-Koalition nicht weit genug.
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht im Grundsatz einen neuen Aufenthaltstitel für Menschen vor, die zum Stichtag am 1. Januar 2022 seit fünf Jahren in Deutschland gelebt haben und sich bisher von einer Duldung zur nächsten hangeln (»Kettenduldung«). Laut Bundestag betrifft das 136.605 Personen. Wer nicht straffällig geworden ist, bekommt den Plänen zufolge ein Jahr Zeit, um die Voraussetzungen für einen langfristigen Aufenthalt zu erfüllen. Dazu gehören etwa Deutschkenntnisse und die Sicherung des eigenen Lebensunterhalts. »Wir wollen, dass Menschen, die gut integriert sind, auch gute Chancen in Deutschland haben«, sagte Innenministerin Nancy Faeser (SPD) und sprach von einem »Neustart in der Migrationspolitik«.
Bereits vor der ersten Beratung im Bundestag hatte der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Dirk Wiese zudem erklärt: »Für viele Betriebe vor Ort – mittelständische Unternehmen, Handwerksmeister, Bäcker oder Gastronomen – ist die Suche nach Fachkräften schon heute eine existenzielle Frage.« Es sei völlig unverständlich, wenn gut integrierte geduldete Menschen in ihr Heimatland zurückgeschickt würden, um stattdessen mühsam dringend benötigte Arbeitskräfte im Ausland anzuwerben.
Kritik aus der Opposition
Der CDU-Abgeordnete Detlef Seif warnte hingegen vor Fehlanreizen im Asylsystem. Das Gesetz sende das Signal aus: »Wer es geschafft hat, nach Deutschland zu kommen, wird auch bleiben.« Der innenpolitische Sprecher der AfD-Fraktion, Gottfried Curio, sagte, Deutschland werde dadurch die Chance genommen, »Asylbetrüger« loszuwerden: »Rechtsbrecher werden von dieser Regierung belohnt.«
Clara Bünger von der Linken bezeichnete die Pläne der Ampel-Koalition im Gegensatz dazu als »viel zu unambitioniert«. Zu wenige Geduldete profitierten davon, weil die Anforderungen für ein dauerhaftes Bleiberecht viel zu hoch seien.
Auch Beschleunigung des Asylverfahrens geplant
Ein weiteres Vorhaben, das auf die Beschleunigung der Asylverfahren abzielt, soll nach Angaben aus Koalitionskreisen noch in diesem Jahr im Bundestag beraten werden. Laut einem Referentenentwurf, der bereits zur Stellungnahme an Länder und Verbände verschickt wurde, soll gleichzeitig die sogenannte Regelüberprüfung abgeschafft werden.
Bei dieser Prüfung wird bisher nach einer bestimmten Frist automatisch geschaut, ob es Gründe für einen Widerruf oder die Rücknahme der Anerkennung der Asylberechtigung und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gibt. Diese Überprüfung soll künftig – auch um das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) zu entlasten – nur noch »anlassbezogen« erfolgen.