Die Bundestagswahl vom September 2021 soll, wenn es nach den Ampelfraktionen geht, wegen zahlreicher Pannen in Berlin in 431 Wahlbezirken wiederholt werden.
Eine entsprechende Empfehlung solle der Wahlprüfungsausschuss des Parlaments an diesem Donnerstag an den Bundestag aussprechen, heißt es in einer Erklärung der Ersten Parlamentarischen Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer Katja Mast (SPD), Irene Mihalic (Grüne) und Johannes Vogel (FDP). Diese Empfehlung solle der Bundestag dann am 10. oder 11. November beraten.
Dort, wo die Wahl wiederholt werde, sollten die gleichen Wahlzettel wie bei der ursprünglichen Wahl verwendet werden. Das würde bedeuten, dass die Berlinerinnen und Berliner erneut eine Erst- und eine Zweitstimme abgeben könnten. Die Koalitionsfraktionen korrigierten damit ihre bisherigen Ansagen, wonach nur in rund 300 Wahlbezirken erneut gewählt werden sollte – und das auch nur mit der Zweitstimme.
Auch der jetzige Vorstoß bleibt aber weit hinter der Forderung des Bundeswahlleiters zurück, die Wahl in sechs der zwölf Berliner Wahlkreise komplett zu wiederholen. Die zwölf Wahlkreise sind in insgesamt 2256 Wahlbezirke unterteilt.
Auswirkungen? »Reine Spekulation«
Welche genauen Auswirkungen die Wahlwiederholung haben wird, ist unklar. »Es gibt da unterschiedlichste Szenarien«, sagte die Vorsitzende des Wahlprüfungsausschusses, Daniela Ludwig (CSU), am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. Es könne passieren, dass danach etwa weniger Abgeordnete aus Berlin im Bundestag sitzen würden. Es könne auch sein, dass ein Abgeordneter aus einem anderen Bundesland wieder aus dem Parlament falle: »Aber das ist reine Spekulation.«
Am 26. September 2021 waren in Berlin auch das Abgeordnetenhaus und die zwölf Bezirksparlamente neu gewählt worden. Hinzu kam ein Volksentscheid zur Enteignung großer Wohnungskonzerne. Es gab massive Probleme wie falsche oder fehlende Stimmzettel, zu wenige Wahlurnen, die zeitweise Schließung von Wahllokalen, teils stundenlange Wartezeiten. Mancherorts stimmten Wähler noch weit nach 18 Uhr oder auf eilig kopierten Stimmzetteln ab, weil Nachschub fehlte.
»Wir wollen die Bundestagswahl dort wiederholen, wo tatsächlich Bürgerinnen und Bürger ihre Stimme aufgrund von festgestellten Wahlfehlern nicht abgeben konnten«, erklärten die drei Vertreterinnen und Vertreter der Ampelkoalition: »Vermutungen über sonstige Wahlfehler in nicht vom Bundeswahlleiter angegriffenen Wahlbezirken rechtfertigen nach unserer Auffassung keine Wahlwiederholung.«
Vertrauensverlust »würde der Demokratie schaden«
Das Erfordernis des Bestandsschutzes einer gewählten Volksvertretung sei mit den Auswirkungen eines konkret festgestellten Wahlfehlers abzuwägen, heißt es in der Begründung: »Es geht auch um die Rechtssicherheit des Wahlergebnisses vom 26. September 2021. Rund 70 Prozent der Wählerinnen und Wähler haben ihre Stimme abgegeben. Deren gültiges Votum gilt es ebenfalls zu respektieren.«
In der Demokratie dürfe es hinsichtlich der Stimmabgabe der Wählerinnen und Wähler keinen Vertrauensverlust geben, heißt es weiter. Diese müssten sicher sein, dass sie ihre Stimme abgeben könnten. »Alles andere würde der Demokratie insgesamt schaden«, erklärten Mast, Mihalic und Vogel. »Es gilt eine ganz einfache Regel: Wo es relevante Wahlfehler gab, gibt es eine Wiederholungswahl. Wo es keine Wahlfehler gab, gibt es keine Wiederholungswahl.«