SPD-Chef Lars Klingbeil hat Fehler seiner Partei in der Russland-Politik der letzten Jahrzehnte eingestanden.
»Auf der Suche nach Gemeinsamkeiten haben wir oft das Trennende übersehen. Das war ein Fehler«, sagte Klingbeil bei einer Diskussionsveranstaltung seiner Partei in Berlin. Die SPD habe nach dem Ende des Kalten Krieges geglaubt, dass die Beziehungen zu Russland einfach immer besser werden würden: »Dadurch sind blinde Flecken in unserem Umgang mit Russland entstanden. Und das hat zu Fehlern im Umgang mit Russland geführt.«
Klingbeil sprach sich dafür aus, die Haltung zu Russland grundsätzlich zu ändern. Die Aussage, dass es Sicherheit und Stabilität in Europa nur mit und nicht gegen Russland geben könne, habe keinen Bestand mehr. »Heute geht es darum, Sicherheit vor Russland zu organisieren«, sagte der SPD-Chef: »Russland hat sich aus dem System der gemeinsamen Sicherheit und der gemeinsamen Werteordnung verabschiedet. Unsere Sicherheit muss ohne Russland funktionieren.«
Klingbeil nannte in seiner Rede konkret vier Fehleinschätzungen der SPD in der Zeit nach dem Ende des Kalten Krieges:
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Man habe daran geglaubt, dass die Geschichte beide Länder einander verpflichte. Dabei habe die SPD verkannt, dass Putin das anders sehe und die Geschichte für die autokratische Konsolidierung nach innen und seine Großmachtpolitik nach außen instrumentalisiere.
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Das Paradigma Wandel durch Annäherung habe nicht funktioniert. Immer engere wirtschaftliche Verflechtungen hätten nicht zu einer stabileren europäischen Ordnung beigetragen.
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Deutschland habe sich mit seiner Energiepolitik abhängig von Russland gemacht: »Eine solch einseitige Abhängigkeit darf nie wieder passieren.«
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Die Interessen der ost- und mitteleuropäischen Partner seien nicht ausreichend berücksichtigt worden. Das habe zu einem massiven Vertrauensverlust geführt.
Es gebe sicher weitere Fehler, die gemacht worden seien, sagte Klingbeil. Ihm sei wichtig, diese zu benennen und daraus die richtigen Lehren für die Zukunft zu ziehen.