Die linken Abgeordneten im Europäischen Parlament wollen auf die drastische Diätenerhöhung freiwillig verzichten, die am Mittwoch mit der Verabschiedung des Haushalts beschlossen werden soll. Eine entsprechende Entscheidung wurde unter den Linkenabgeordneten nach SPIEGEL-Informationen am Dienstagnachmittag getroffen. Die Summe von mehr als 30.000 Euro soll stattdessen an soziale Einrichtungen und Organisationen gespendet werden.
Berechnungen der EU-Kommission zufolge sollen die Gehälter für EU-Beamte und die Diäten der Abgeordneten um 6,9 Prozent steigen. Hintergrund ist der Anpassungsmechanismus, bei dem vor allem die Inflationsrate in Brüssel und Luxemburg eine entscheidende Rolle spielt, aber auch die Beamtengehälter in den Mitgliedstaaten. Diese Regelung existiert seit 2013.
Die Bezüge der EU-Parlamentarier steigen damit etwa um 600 Euro auf 9800 Euro pro Monat an. Mehrere EU-Staaten stellten sich gegen das dicke Gehaltsplus, das rückwirkend bis zum 1. Juli ausgezahlt werden soll.
Die fünf deutschen Linkenabgeordneten lehnen das zusätzliche Geld ab. »Die geplante Diätenerhöhung setzt die soziale Schieflage der Krisenpolitik von Bundesregierung und EU-Kommission fort: Sie gibt Steuergelder denen, die es nicht brauchen. Währenddessen werden diejenigen Menschen immer noch viel zu wenig unterstützt, die Entlastung dringend nötig haben«, sagte der Linkenvorsitzende Martin Schirdewan dem SPIEGEL.Dies sei »schäbig« und ein »Tritt vor das Schienbein der Menschen, denen mit den aktuellen Energie- und Lebensmittelkosten schon das Wasser bis zum Hals steht«. Schirdewan ist auch Co-Vorsitzender der europäischen Linksfraktion.
Entlastungen würden vor allem für Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen gebraucht, nicht für Gutverdiener im Parlament, sagte Schirdewan. »Ganz ehrlich, ich kann die Diätenerhöhung in dieser Krisensituation nicht mit guten Gewissen annehmen. Die Parlamentarier der anderen Fraktionen sollte dem Beispiel der Linken folgen, und ebenfalls die geplante Diätenerhöhung an Stellen umverteilen, wo das Geld dringender benötigt wird«, so der Linkenchef.
Grüne für Diätenerhöhung
Die Grünen hatten die Erhöhung zuvor verteidigt. »Es ist ein immer wiederkehrender populistischer Reflex, die Bezüge der Menschen, die für EU-Institutionen arbeiten, als überhöht zu kritisieren«, sagte der Sprecher der deutschen Grünen im Europaparlament, Rasmus Andresen. Die Hintergründe der Beschäftigungs- und Lebenssituationen der Beamten und Angestellten spielten dabei oft keine Rolle. »Obwohl EU-Beamte und Angestellte viele Privilegien genießen, bekommen auch sie die stark gestiegenen Preise zu spüren«, sagte Andresen.
Auch die EU-Spitzen sollen von der Regelung profitieren. So soll EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen etwa 2000 Euro mehr erhalten, die Kommissare jeweils etwa 1500 Euro.