Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat dafür geworben, der Entscheidung des Kanzlers im Atomstreit zu folgen. Dass Olaf Scholz (SPD) nun in der Frage der Laufzeiten der verbleibenden drei Atomkraftwerke seine »maximale Autorität« eingesetzt habe, sei eine »unübliche Lösung einer verfahrenen Situation«, sagte Habeck am Montag in den ARD-»Tagesthemen«. »Er ist voll ins Risiko gegangen, und ich werbe dann dafür, dass wir jetzt diesen Weg auch gehen, weil alles andere staatspolitisch nicht verantwortlich wäre.«
Scholz hatte zuvor erstmals seit Bestehen der Ampel-Koalition von seiner Richtlinienkompetenz als Kanzler Gebrauch gemacht und ein Machtwort im wochenlangen Streit zwischen FDP und Grünen in der Atomfrage gesprochen. Alle drei noch am Netz befindlichen deutschen Atomkraftwerke sollen demnach bis Mitte April 2023 laufen können. Die Grünen-Spitze hatte zurückhaltend auf die Entscheidung von Scholz reagiert. Die Fraktionsführung will über die Entscheidung beraten.
Habeck dagegen bezeichnete den Vorschlag von Scholz als einen, »mit dem ich arbeiten kann, mit dem ich leben kann«. »Wir mussten da irgendwie rauskommen«, fügte er mit Blick auf den tagelange Diskussion hinzu. »Da ist zu viel Zeit ins Land gestrichen, wir hätten das früher klären müssen, das war aber nicht möglich.« Danach gefragt, welchen Eindruck der Streit bei den Bürgern gemacht habe, sagte er: »Wahrscheinlich keinen guten und genützt hat es auch nichts.« Habeck äußerte die Hoffnung, dass die Ampel-Koalition sich nun wieder mit anderen Dingen beschäftigen könne. »Hoffentlich dann konstruktiver.«
Parteitag der Grünen gegen Weiterbetrieb von AKW Emsland
Zur Frage, ob das Atomgesetz nun im Bundestag wegen möglicherweise fehlender Stimmen aus den Reihen der Grünen scheitern könne, sagte Habeck: »Das glaube ich nicht, weil das Land, Europa sich ja in einer schweren Krise befindet. Und in dieser Situation dann die Regierung aufs Spiel zu setzen, scheint mir überhaupt nicht verhältnismäßig zu sein. Das kann eigentlich nicht passieren.«
Die Atomkraftwerke könnten laut einem von Habeck beauftragten zweiten Stresstest für das Stromnetz im Winter einen kleinen Beitrag leisten, das Netz zu stabilisieren. Der Grünen-Politiker hatte aber entschieden, dass dafür nur die beiden süddeutschen AKW Isar II und Neckarwestheim II bis Mitte April 2023 benötigt würden. Ein Bundesparteitag der Grünen hatte am Freitag diese Linie unterstrichen . In dem Beschluss hieß es auch: »Das AKW Emsland wird zum 1. Januar 2023 endgültig abgeschaltet und zurückgebaut.«
Die FDP hatte gefordert, auch das dritte Atomkraftwerk Emsland am Netz zu halten und alle drei Meiler bis ins Jahr 2024 hinein laufen zu lassen.