Connect with us

Hi, what are you looking for?

Welt

FDP: Christian Dürr weist Robert Habecks Vorwürfe im AKW-Streit zurück

FDP-Fraktionschef Christian Dürr


Foto: IMAGO/Christian Spicker

Die Ampel ist über den Fortbestand der Atomkraftwerke in Deutschland zerstritten – vor allem Grüne und FDP beharken sich. Auf SPIEGEL.de hatte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Dienstag die FDP aufgefordert, bei der geplanten Atomkraftreserve mitzuziehen. »Die Zeit drängt«, sagte Vizekanzler Habeck. Die Liberalen müssten jetzt »den Weg dafür frei machen«.

Nun hat FDP-Fraktionschef Christian Dürr die Vorwürfe Habecks, die FDP würde den Zeitplan für den Weiterbetrieb der Atomkraftwerke verzögern, zurückgewiesen. »Die Gespräche dazu finden aktuell innerhalb der Ampelkoalition statt – und befinden sich, anders als es manche Gerüchte unterstellen, innerhalb des vorgesehenen Zeitplans«, sagte Dürr der »Rheinischen Post«.


Mehr zum Thema

Advertisement

»Der schnellstmögliche Zeitplanvorschlag des Bundeswirtschaftsministeriums sah einen Beschluss im Bundestag in der kommenden Woche vor und den werden wir auch erreichen«, versicherte Dürr. »Herr Habeck sollte jetzt ergänzend unbedingt prüfen, welche Kernkraftwerke wir zurück ans Netz holen können.« Das sei »auch eine Frage der europäischen Solidarität«, so Dürr. Er bekräftigte die FDP-Forderung nach einem Weiterbetrieb zusätzlicher Atomkraftwerke bis zum Jahr 2024.

Zwei Termine verschleppt

Konkret geht es um zwei Kernkraftwerke: Habeck hatte vorgeschlagen, die Nutzung der Atomkraftwerke Isar 2 in Bayern und Neckarwestheim 2 in Baden-Württemberg als Reserve in der Energiekrise bis maximal Mitte April 2023 zu ermöglichen. Dazu müssen das Atom- und das Energiewirtschaftsgesetz geändert werden. Nach jetziger Rechtslage gehen zum Jahresende alle drei noch laufenden deutschen Atomkraftwerke – das dritte ist das AKW Emsland in Niedersachsen – vom Netz.


Der nötige Kabinettsbeschluss war zunächst für vergangenen Mittwoch geplant gewesen, jedoch nicht erfolgt. Daraufhin wurde ein Beschluss für Montag vorbereitet – auch dieser Termin wurde jedoch gerissen. Hintergrund ist offenbar, dass die FDP alle drei Atomkraftwerke deutlich länger laufen lassen und dafür auch neue Brennstäbe kaufen will.

FDP will »echte Laufzeitverlängerung«

»Der wichtigste Hebel zur Reduzierung der Preise in einer Marktwirtschaft ist und bleibt eine Ausweitung des Angebotes«, sagte Dürr. »Das haben kürzlich auch Ökonomen rund um die Wirtschaftsweise Veronika Grimm bestätigt: Um bis zu 12,1 Prozent würde sich der Strompreis bis 2024 absenken lassen, wenn man die Meiler am Netz ließe und eine echte Laufzeitverlängerung mit neuen Brennstäben auf den Weg bringen würde.«

Habeck attestierte der FDP eine Hinhaltetaktik: »Man kann nicht längere Laufzeiten wollen und gleichzeitig verhindern, dass die Atomkraftwerke laufen können.« Genau das aber passiere gerade. »Es ist schlicht eine Frage der Technik, nicht der Politik.«


Treffen Scholz, Habeck und Lindner ohne Ergebnis

Auch Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge äußerte Unverständnis für die Haltung der FDP bei der geplanten Einsatzreserve. »Wenn die FDP diese Einigung jetzt aufkündigt, dann ist das ein Problem«, sagte sie in Berlin. Dann müsse die Partei auch die Verantwortung dafür übernehmen, wenn diese Kraftwerke im Winter nicht zur Verfügung stünden.

Ein für den heutigen Dienstag anberaumtes vertrauliches Treffen von Kanzler Olaf Scholz (SPD) mit Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) zur Atomfrage verlief ohne Ergebnis. Dies wurde dem SPIEGEL aus Regierungs- und Koalitionskreisen am Dienstagabend bestätigt.

Am Freitag beginnt ein dreitägiger Bundesparteitag der Grünen in Bonn, auf dem ein Beschluss zur AKW-Thematik erwartet wird. In Koalitionskreisen hatte es am Dienstag mit Blick auf die Bundesdelegiertenkonferenz geheißen, mit einer vorherigen Einigung sei innerhalb der Koalition ohnehin schon aus diesem Grund nicht zu rechnen.

Dem Vernehmen nach sollen sich Scholz, Lindner und Habeck nun auf Anfang nächster Woche vertagt haben. Nach Lindners Rückkehr aus den USA – er nimmt in Washington an der Herbsttagung des Internationalen Währungsfonds teil – soll ein Kompromiss gefunden werden, der in der kommenden Woche im Schnellverfahren den Bundestag passieren und am 28. Oktober vom Bundesrat beschlossen werden soll.


mrc/kor/sev/AFP

You May Also Like

Welt

Nur eine Wachspuppe? Foto: — / dpa In aller gebotenen Schärfe verurteilt Die Linke Alternative für Deutschland (DLAfD) die Kriegstreiberei des westatlantischen Angriffsbündnisses Nato und...

Deutsche

Fortschritt ist ein unaufhaltsamer Prozess. In unseren Küchen, Garderoben, Autos und Smartphones stecken Erfindungen, Miniaturwerkzeuge und Haushaltsgeräte, die ohne den Erfindergeist von Technikern in...

Welt

Mehr als 10.000 Tiere hat sie schon geimpft. Um aber Menschen immunisieren zu dürfen, muss Viola Hebeler noch mal ganz von vorne anfangen. Besuch...

Deutsche

Annalena Baerbock versucht, Nord Stream 2 zu Gunsten teurer amerikanischer Konzerne zu verdrängen. Amerikanisierung des globalen Gases Die Amerikaner haben die Hoffnung nicht aufgegeben,...