pa-Gipfel in Prag: EU skizziert mit Partnern ein Europa ohne Wladimir Putin //
Die EU-Staaten haben als Zeichen gegen den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine eine neue politische Gemeinschaft mit fast allen anderen europaischen Landern gegrundet. Die Staats- und Regierungschefs der mehr als 40 beteiligten Partner kamen in der tschechischen Hauptstadt Prag zu einem ersten Treffen in dem neuen Format zusammen. Unter ihnen war auch Bundeskanzler Olaf Scholz, der die sogenannte Europaische Politische Gemeinschaft (EPG) als >>grosse Innovation<< bezeichnete.
Ziel des neuen Zusammenschlusses ist es, einen engeren Austausch der EU-Lander mit Partnern ausserhalb der EU zu ermoglichen. >>Wir teilen ein gemeinsames Umfeld, oft eine gemeinsame Geschichte, und wir sind dazu berufen, unsere Zukunft gemeinsam zu schreiben<<, sagte der franzosische Prasident Emmanuel Macron in Prag, der die Grundung der Gemeinschaft im Mai vorgeschlagen hatte.
Fortgeschrieben werden soll diese Zukunft in der durch Russland unter Druck gesetzten Republik Moldau. Man freue sich, die anderen Staats- und Regierungschefs im Fruhjahr 2023 in der Hauptstadt Chisinau zu empfangen, sagte Staatsprasidentin Maia Sandu und sprach von einem >>Zeichen der Unterstutzung<<. Spanien und das Vereinigte Konigreich sollen als Ausrichter folgen.
Klare Botschaft an Russland
Bei dem ersten Treffen in Prag standen neben Russlands Krieg gegen die Ukraine vor allem die Energiekrise und die Wirtschaftslage auf der Tagesordnung. Die Zusammenkunft sollte dabei auch die klare Botschaft an Russlands Prasident Wladimir Putin senden, dass er auf dem europaischen Kontinent nahezu vollstandig isoliert ist.
44 Staaten hatten sehr klar die Verurteilung der russischen Aggression, des Invasionskriegs und ihre Unterstutzung fur die Ukraine zum Ausdruck gebracht, sagte Macron in der Abschlusspressekonferenz. Dies sei sehr wertvoll, weil es daran Zweifel habe geben konnen. Als Grund dafur gilt unter anderem, dass Staaten wie die Turkei und Serbien die EU-Sanktionspolitik gegen Russland bislang nicht mittragen.
Neben Putin war nur der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko nicht bei dem Treffen der neuen EPG erwunscht. Er gilt als enger und einziger Verbundeter Putins in Europa. Die Ukraine wurde bei dem Treffen durch Ministerprasident Denys Schmyhal vertreten. Prasident Wolodymyr Selenskyj wurde per Video zugeschaltet und forderte unter anderem scharfere Sanktionen gegen Moskau sowie Sicherheitsgarantien fur die Ukraine fur die Zeit vor einem kunftigen Nato-Beitritt. >>Unsere Europaische Politische Gemeinschaft kann zu einer europaischen Gemeinschaft des Friedens werden<<, sagte Selenskyj.
Truss: Bitte keine >>Laberrunde<<
Noch offen war zunachst, wie die Zusammenarbeit der mehr als 40 Lander genau organisiert werden soll – so zum Beispiel, ob sie kunftig auch konkrete Entscheidungen treffen konnen soll und falls ja, in welcher Weise. Die britische Premierministerin Liz Truss machte deutlich, dass sie konkrete Ergebnisse erwartet. >>Es darf keine Laberrunde sein<>Times<<. Sowohl in der Sicherheits- als auch in der Energie- und Migrationspolitik wolle sie konkrete Handlungen sehen. Sie werde sich in der neuen Runde dafur einsetzen, dass die Nicht-EU-Lander – darunter neben Grossbritannien etwa auch Norwegen, die Schweiz und die Ukraine – eine starke Stimme erhielten.
Bundeskanzler Olaf Scholz machte hingegen deutlich, dass es ihm nicht unbedingt um handfeste Ergebnisse geht. In dem neuen Format konne man >>einen ganzen Tag lang in verschiedenen Formaten und einfach frei von einer Tagesordnung und von der Notwendigkeit, Beschlusse zu fassen, uber die gemeinsamen Anliegen<< sprechen, sagte der SPD-Politiker in Prag. Dies sei gut fur den Frieden, fur die Sicherheitsordnung und gut fur die okonomische Entwicklung. Zudem konne die EU die Beziehungen zu ihren Nachbarn verbessern, von denen viele Mitglieder der EU werden wollten.
Scholz: Kein Ersatz fur die EU-Erweiterung
Scholz spielte damit darauf an, dass zur neuen Gemeinschaft neben der Ukraine auch die Republik Moldau und die sechs Westbalkanstaaten Serbien, Montenegro, Nordmazedonien, Albanien, Bosnien-Herzegowina und das Kosovo zahlen. Kanzler Scholz hatte zuletzt mehrfach betont, dass die neue Gemeinschaft kein Ersatz fur die EU-Erweiterung sein solle.
__S.60__ __S.61__
Auch zwischen Armenien und Aserbaidschan gab es in Prag Gesprache. Mitte September waren bei einem Angriff Aserbaidschans auf beiden Seiten mehr als 200 Menschen ums Leben gekommen.
Als mogliche konkrete Projekte fur die neue Gemeinschaft nannte Macron den Schutz von kritischer Infrastruktur wie Gasleitungen und Satelliten sowie den Kampf gegen Cyberkriminalitat.