Die Telefone stehen nicht still, die Mailpostfächer quellen über: Die deutschen Botschaften in Armenien, Kasachstan, Georgien, Aserbaidschan und Belarus verzeichnen seit der russischen Mobilmachung einen sprunghaften Anstieg von Visa-Anfragen russischer Staatsbürger.
Tausende Anfragen für Einreisegenehmigungen nach Deutschland seien seit dem 21. September 2022 bei den deutschen Vertretungen in Eriwan, Astana, Tiflis, Baku und Minsk eingegangen, ist aus dem Auswärtigen Amt zu hören. Eine Erfassung und Bearbeitung der Anträge im Rahmen der vorgesehenen Fristen sei nicht mehr möglich – aus diesem Grund lägen auch keine genauen Zahlen zum Antragsaufkommen vor, hieß es auf Anfrage des SPIEGEL.
Anschlag in der Tiefe
Heftige Explosionen haben die Röhren der deutsch-russischen Pipelines Nord Stream 1 und 2 in der Ostsee aufgerissen und fast 800 Millionen Kubikmeter Gas entweichen lassen. Während Geheimdienste nach den Tätern suchen, macht der Fall klar, wie verwundbar die Infrastruktur des Westens ist.
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Die Antragsteller melden sich demnach per Telefon und E-Mail – vermehrt begeben sie sich aber auch persönlich zu den deutschen Auslandsvertretungen. Termine für Anhörungen könnten nicht mehr vergeben werden, hieß es.
Registrierte die deutsche Botschaft in der georgischen Hauptstadt Tiflis in den vergangenen Monaten zehn bis 20 Anträge russischer Staatsangehöriger pro Monat, habe es ab dem Tag der Mobilmachung bis Mitte dieser Woche bereits mehr als 300 Anfragen von Russinnen und Russen gegeben, die nach Deutschland reisen wollten. Das Auswärtige Amt prüft derzeit eine Aufstockung seiner Belegschaften in den fünf Städten.
Insgesamt sind mehr als 200.000 Russinnen und Russen seit der Mobilmachung in Anrainerstaaten eingereist – davon allein rund 100.000 nach Kasachstan.
Estland, Lettland, Litauen und Polen verhängten bereits ein Einreiseverbot für russische Touristen und auch für russische Staatsbürger, die über ein Schengenvisum verfügen. Und auch Finnland verschärfte nun seine Visa-Regeln für Reisende aus Russland.