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News: Nord-Stream-Pipelines, Ukraine-Russland-Krieg, MPK ohne Olaf Scholz, Neuwahlen in Berlin

Attacke unter Wasser?

Der Krieg tritt in eine neue Phase ein, in eine Phase voller Verwirrung.

Bislang waren die Handlungen, wenn man das in einem Krieg sagen kann, nachvollziehbar: Angriffe, Geländegewinne, Gegenangriffe, Rückeroberungen. Zurück blieben Zerstörung und Leid. Nun kommt die Unsicherheit dazu.

Gasaustritt in der Ostsee: Anschlag oder Unfall?

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Foto: IMAGO/Cover-Images

Am Montag sind die beiden Erdgaspipelines Nord Stream 1 und Nord Stream 2 in großem Umfang leckgeschlagen. Messungen der Erschütterungen und der plötzliche Druckabfall deuten darauf hin, dass Explosionen die Röhren beschädigt haben.

Auch wenn die Untersuchungen des Vorfalls noch laufen – nicht nur die Bundesregierung geht von einem Sabotageakt aus, den, so schätzen es Experten ein, angesichts des immensen Aufwands nur ein staatlicher Akteur ausführen konnte. Wie der SPIEGEL gestern aus Sicherheitskreisen erfuhr, hatte der US-Geheimdienst CIA die Bundesregierung bereits im Sommer genau vor einem solchen Anschlag gewarnt . Hat man diese Warnung im Kanzleramt nicht ernst genommen? Die Bundesregierung wollte die Recherchen, wie in Geheimdienstfällen üblich, nicht kommentieren.

Wer immer die Täter im Hintergrund sind, ein Ziel haben sie erreicht: Chaos und Verwirrung. Denn egal, wer für die Zerstörung verantwortlich ist, es fehlt das überzeugende Motiv: Wer könnte ein Interesse daran haben, Pipelines zu beschädigen, die derzeit gar nicht in Betrieb sind?

Die Gaspreise stiegen gestern wieder an, nachdem die Nachricht über das massiv austretende Gas in der Ostsee bekannt wurde. War das ein Ziel der mutmaßlichen Saboteure? Oder wollten sie nur warnen? Seht her, wozu wir in der Lage sind!

Auch das immer lauter werdende Geraune über mögliche Nuklearschläge Russlands befeuern das Gefühl, der ohnehin brutale Krieg könnte gänzlich außer Kontrolle geraten. Experten halten dabei weniger einen Nuklearangriff über das Kriegsgebiet hinaus für wahrscheinlich. Dass Putin aber im Falle weiterer Rückschläge eine Warnung mit Bomben geringerer Sprengkraft, den sogenannten taktischen Nuklearwaffen, aussenden könnte, hält man nicht für ausgeschlossen.

Der Krieg verliert seine Nachvollziehbarkeit. Das macht ihn noch weniger kalkulierbar als bisher. Und damit gefährlicher.

Mehr Nachrichten und Hintergründe zum Krieg in der Ukraine finden Sie hier:

Länder vs. Bund minus Kanzler

Eigentlich wollte Olaf Scholz heute mit den Chefinnen und Chefs der Bundesländer mal wieder eine MPK im Kanzleramt abhalten, eine Ministerpräsidentenkonferenz. Es sollte vor allem ums Geld gehen, um Finanzierungsfragen: für das dritte Entlastungspaket, für eine mögliche Gaspreisbremse, für die Nachfolge des Neun-Euro-Tickets, für die Versorgung der Geflüchteten.

Der Kanzler ist zwar im Kanzleramt, kann aber keine Gäste empfangen. Scholz hat sich Corona-erkrankt in der dortigen Kanzlerwohnung isoliert, die Runde wurde auf nächste Woche verschoben. Was man in der Regierungszentrale vielleicht gar nicht so schlecht findet, bleibt damit doch Luft, um den großen Knoten in der Frage von Gasumlage und Gaspreisbremse zu lösen – und vor allem das Rätsel, wie das alles finanziert werden soll. Ein wirksamer Eingriff in den Gasmarkt könnte die Bundesregierung, so schätzt man, weit über 100 Milliarden Euro kosten.


Treffen im Bundeskanzleramt: Bei der letzten MPK im Juni waren alle noch in Präsenz versammelt

Treffen im Bundeskanzleramt: Bei der letzten MPK im Juni waren alle noch in Präsenz versammelt


Foto: IMAGO

Die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten treffen sich an diesem Mittwoch dennoch, ohne Scholz, in der Landesvertretung Nordrhein-Westfalen in Berlin.

Böse Zungen bei der SPD behaupten, NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) wolle nicht auf seinen letzten Auftritt als MPK-Vorsitzender verzichten, bevor er dieses Amt am 1. Oktober an Stephan Weil (SPD) abgeben muss, den Ministerpräsidenten aus Niedersachsen.

Böse Zungen bei der Union behaupten, Scholz wollte das Treffen nur deshalb verschieben, um dem Parteifreund aus Hannover einen großen Auftritt in Wahlkampfzeiten zu ermöglichen.

Ich glaube an keine der beiden Thesen, weil ich bezweifle, dass ein solcher Auftritt ein großer Imagegewinn sein könnte. Im Gegenteil: Bei dem Treffen zwischen Bund und Ländern ist das Streitpotenzial riesig.

Die Unionsländer, so ist zu vernehmen, wollen eine Staffelung bei der Energiepreispauschale durchsetzen, zudem eine Erhöhung des Kindergelds auch ab dem dritten Kind. Sie wollen über Krankenhausfinanzierung und Regionalisierungsmittel reden und finden grundsätzlich, dass sich der Bund an den gemeinsamen Kosten viel mehr beteiligen sollte.

Das denken auch einige Chefs SPD-geführter Länder, die aber zeitgleich auch zu Solidarität mit dem Kanzler verpflichtet sind.

Es dürfte ein munteres Treffen werden, auch ohne Scholz.

Die Skandalwahl

Fast vor genau einem Jahr, am 26. September 2021, fand in der Hauptstadt der jährliche Berlin Marathon statt, zugleich wurde mehrfach gewählt: der Bundestag, das Abgeordnetenhaus, die zwölf Bezirksverordnetenversammlungen, auch über einen Volksentscheid wurde abgestimmt. Es war viel los in der Stadt, zu viel für die Organisatoren der Wahl.


Schlangenbildung am Wahltag: Zu viel los in der Hauptstadt

Schlangenbildung am Wahltag: Zu viel los in der Hauptstadt


Foto: Hauke-Christian Dittrich / picture alliance/dpa

Ich stand damals 45 Minuten lang in der Schlange, bevor ich meine Kreuze machen konnte, andere mussten noch viel länger warten. Falsche Wahlzettel wurden geliefert, woanders gingen sie aus, und obwohl um 18 Uhr die ersten Prognosen und Hochrechnungen liefern, wurde in Berlin über Stunden noch gewählt, zum Teil bis 21 Uhr.

In knapp 200 Wahllokalen gab es Pannen, in 14 davon lagen die Erst- und Zweitstimmen so nah zusammen, dass der eine oder andere Wahlsieg eventuell nur wegen der Unregelmäßigkeiten möglich war – ein Berliner Chaostag.

Heute verhandelt das Berliner Landesverfassungsgericht über die Frage, ob die Wahlen in Berlin teilweise oder komplett neu ausgerichtet werden müssen. Weil viele Zeugen und Zuschauer erwartet werden, dient der Große Hörsaal der Freien Universität als Gerichtssaal, 570 Prozessbeobachter haben darin Platz.

Die – womöglich einzigartige – Entscheidung kann theoretisch schon heute fallen, wahrscheinlich wird sie aber erst in einigen Wochen verkündet. Eine Tendenz aber dürfte so oder so bereits erkennbar sein.

Bittere Erinnerungen

Der Krieg gegen die Ukraine saugt vieles auf, auch die Aufmerksamkeit für andere Krisen, etwa die derzeitigen Unruhen in Iran.


Grünen-Vorsitzender Nouripour: Sanktionen gegen sein Geburtsland gefordert

Grünen-Vorsitzender Nouripour: Sanktionen gegen sein Geburtsland gefordert


Foto: Christian Spicker / IMAGO

Omid Nouripour war 13 Jahre alt, als seine Familie und er aus Teheran nach Deutschland geflohen sind. Der heutige Grünenchef beschreibt in einem sehr persönlichen Interview mit meiner Kollegin Marina Kormbaki, wie Druck, Schikanen und Angst vor dem Regime seine Kindheit geprägt haben. »Meine Schwester war 17, als sie auf einer Party verhaftet wurde«, beginnt Nouripour eine seiner Episoden, an deren Ende er neue Sanktionen gegen das Regime fordert.

  • Lesen Sie hier das Interview  – und erfahren Sie auch, was das Ende der Proteste in Iran im Jahr 2009 mit dem Tod von Michael Jackson zu tun hat.

Hier geht’s zum aktuellen Tagesquiz

Die Startfrage heute: Welches dieser Länder ist eine Monarchie?

Verlierer des Tages…




Foto: IMAGO/Emmanuele Contini

… ist CDU-Chef Friedrich Merz. Mit seiner schnell dahin gesagten Äußerung zum »Sozialtourismus« ukrainischer Flüchtlinge hat er großen Schaden angerichtet. Sein Problem: Er hat aus dem marginalen Phänomen, dass unter Geflüchteten gelegentlich auch solche sind, denen es vor allem um die maximale Ausnutzung deutscher Sozialleistungen geht, einen Generalverdacht formuliert.

Merz hat sich dafür nun entschuldigt, was ihn zugleich zu einem Gewinner des Tages macht. Was aber lehrt uns diese Episode? Mehr Ruhe und mehr Gründlichkeit schaden nie, auch nicht im Provokationslabor namens Opposition.


Die jüngsten Meldungen aus der Nacht

  • Kuscheln statt streiten: In anderthalb Wochen wird in Niedersachsen gewählt. Beim Fernsehduell gingen SPD-Ministerpräsident Weil und sein CDU-Herausforderer Althusmann betont freundlich miteinander um. Spannend wurde es nur bei einem Thema.

  • Merkel und Merz würdigen den Altkanzler – dessen Witwe droht: Deutschland hat nun eine Helmut-Kohl-Stiftung. Angela Merkel und Friedrich Merz sinnierten bei der ersten Veranstaltung darüber, wie der Altkanzler heute handeln würde. Kohls Witwe bringt derweile eine Klage ins Spiel.

  • Explosion in Innenstadt von Halle – drei Schwerverletzte: Auf dem Marktplatz der Stadt Halle ist es in einer öffentlichen Toilette zu einer Explosion gekommen. Zwei Mädchen und eine Frau wurden bei dem Vorfall schwer verletzt. Die Ermittlungen dauern an.



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Die SPIEGEL+-Empfehlungen für heute

  • Warum wir Preußen nicht mehr brauchen: Die Gegenwart ist von Krisen geprägt, und Rufe nach preußischen Tugenden werden lauter: Disziplin, Verzicht, Opferbereitschaft – und eine neue starke Rolle des Militärs. Doch eine Renaissance kann niemand ernsthaft wollen. 

  • Warum Marlene Engelhorn 90 Prozent Steuern zahlen will: Die Wienerin Marlene Engelhorn wird Millionen aus dem Verkauf eines Konzerns erben. Mit anderen Reichen hat sie einen Verein gegründet, der für eine höhere Besteuerung kämpft – weil Spenden nichts am System ändere. 

  • Warum Pink Floyd heute noch eine halbe Milliarde Dollar wert ist: Investments in Musikrechte boomen, gerade versilbert die Kultband Pink Floyd ihren Katalog. Dank Spotify und Co. können Musikfirmen und Investoren auf hohe Renditen hoffen – jedenfalls bisher. 

  • Was taugen Haustierversicherungen? Für ihre Besitzer sind Hunde oder Katzen oft geliebte Familienmitglieder, für die Wirtschaft ein lukrativer Markt. Neben Futter und Accessoires gibt es auch zahlreiche Versicherungen. Dabei gibt es einiges zu beachten. 

Ich wünsche Ihnen trotz der vielen schlechten Nachrichten, die wir hier Tag für Tag vermelden, einen optimistischen Blick.

Ihr Martin Knobbe

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