CDU-Chef Friedrich Merz hat bei der ersten Veranstaltung der Bundeskanzler-Helmut-Kohl-Stiftung die prägende Rolle des früheren Bundeskanzlers für die deutsche und europäische Einigung gewürdigt. Helmut Kohl (CDU) habe 1989/1990 »die weltgeschichtlichen Veränderungen seiner Zeit früher als andere zunächst begriffen und dann ergriffen«, sagte Merz am Dienstagabend in Berlin. Mit Russlands Überfall auf die Ukraine sei das friedliche, freiheitliche und demokratische Europa, das Kohl ganz maßgeblich mit aufgebaut habe, »ernsthafter denn je in seiner Geschichte bedroht«.
Angesichts des Krieges machte Merz die Aufgabe deutlich, Führung in Europa zu übernehmen. »Nicht Führung im Sinne von Dominanz und Bevormundung, sondern Führung im Sinne von Verantwortung«. Der CDU-Chef rief die neue Stiftung dazu auf, »die Geschichte von Helmut Kohl« weiterzuentwickeln und weiterzudenken.
Die frühere Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hob »drei Prinzipien politischer Staatskunst« hervor, die Kohl ausgezeichnet hätten: »die Bedeutung des Persönlichen in der Politik, den unbedingten Willen zum Gestalten und das Denken in geschichtlichen Zusammenhängen«. Dies sei auch in der aktuellen Lage bedenkenswert, machte sie deutlich.
So glaube sie, Kohl würde heute »alles daran setzen, die Souveränität und die Integrität der Ukraine zu schützen und wiederherzustellen«. Zugleich habe er in Fragen derartiger Tragweite nie »den Tag danach« aus dem Blick verloren. Auf heute übertragen würde Kohl »parallel immer auch das im Moment so Undenkbare, schier Unvorstellbare mitdenken – nämlich wie so etwas wie Beziehungen zu und mit Russland wieder entwickelt werden können«, sagte Merkel. »Beides würde er natürlich niemals in einem deutschen Alleingang angehen.«
Maike Kohl-Richter sieht postmortale Rechte verletzt
Anlässlich der Veranstaltung wandte sich die Witwe Kohls, Maike Kohl-Richter, erneut grundsätzlich gegen die staatliche Stiftung. Diese verletze Kohls postmortale Rechte, erklärte sie in einem im Internet veröffentlichten Schreiben an den Kuratoriumsvorsitzenden, Ex-Unionsfraktionschef Volker Kauder. Sie verstoße gegen die für alle anderen staatlichen Kanzlerstiftungen geltenden Regeln und Gebräuche, wonach diese »stets im Einvernehmen und mit Zustimmung des Betroffenen in Person der jeweiligen Erben errichtet wurden«.
Kohl-Richter fordert in dem Schreiben, die Arbeit der mit Kohls Namen verbundenen Stiftung »einzustellen oder den Stiftungsnamen zu ändern«. Sie würde es bedauern, wenn sie ihre Ankündigung umsetzen »und auch noch gegen diese Stiftung Klage einreichen müsste«.