Die AfD-Fraktion hat das Recht, den Vorsitz im Innenausschuss des Bundestages zu besetzen – ist nun jedoch erneut mit dem Versuch gescheitert, ihren Abgeordneten Martin Hess durchzusetzen. Wie Teilnehmende der nicht-öffentlichen Sitzung am Mittwoch übereinstimmend berichteten, gab es in einer geheimen Abstimmung sechs Stimmen für Hess, bei 39 Nein-Stimmen und einer Enthaltung. Der Posten bleibt damit weiter vakant.
Es ist bereits die zweite Niederlage für den baden-württembergischen Abgeordneten: Schon bei einer Abstimmung im vergangenen Dezember hatten nur sechs Abgeordnete für Hess gestimmt, 40 Mitglieder des Ausschusses waren damals dagegen. Mindestens eine Stimme muss Hess fraktionsfremd erhalten haben: In beiden Wahldurchgängen waren nach Auskunft von Teilnehmenden von der AfD jeweils fünf stimmberechtigte Abgeordnete im Saal.
Der Innenausschuss beschäftigt sich mit Fragen der inneren Sicherheit, des Bevölkerungsschutzes und mit Asylpolitik. Die Ausschussvorsitzenden haben Einfluss auf die Tagesordnung der Sitzungen, weil sie für deren Vorbereitung, Einberufung und Leitung zuständig sind, und halten üblicherweise guten Kontakt zu den Sicherheitsbehörden, erhalten etwa Berichte und Informationen. Allerdings steht ein Teil der AfD unter Beobachtung des Verfassungsschutzes, ist also unter Umständen selbst Gegenstand solcher Berichte und Informationen.
Im Blick des Verfassungsschutzes
Hess selbst ist dem Verfassungsschutz, mit dem er als Ausschussvorsitzender in engem Austausch sein müsste, bestens bekannt. In einem Gutachten des Bundesamtes taucht er zweimal auf, etwa, weil er den Begriff »Flüchtling« kritisierte und lieber von »illegalen Armutsmigranten« sowie »Versorgungssuchenden« sprach. Und weil er bei Facebook Beiträge des rechtsextremen »Compact«-Magazins verbreitete. Im Vorfeld der ersten Wahl im Dezember hatten die anderen Parteien daher angekündigt, Hess nicht zu wählen.
Der Vorsitz in den Ausschüssen wird nach der Größe der Fraktionen vergeben. Dies geschieht in mehreren Runden, wobei immer erst die größte Fraktion zugreifen darf, dann die zweitgrößte, die drittgrößte und so weiter. Der größten Oppositionsfraktion – jetzt die CDU/CSU – steht traditionell der Vorsitz im Haushaltsausschuss zu. Vor der AfD waren in der ersten Runde noch SPD, Grüne und FDP am Zug.