Das Kabinett hat am Mittwoch das neue Bürgergeld beschlossen. Es soll zum 1. Januar das heutige Hartz-IV-System ablösen. Geplant ist ein Regelsatz von 502 Euro im Monat für alleinstehende Erwachsene. Der Hartz-IV-Satz liegt im Moment bei 449 Euro im Monat. Wer nicht mit dem Jobcenter kooperiert, soll weniger Sanktionen fürchten müssen.
Die Ampelkoalition hat damit ihre zentrale Sozialreform auf den Weg gebracht (Einzelheiten können Sie hier lesen). Über den Gesetzentwurf von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) war zuvor intensiv gestritten worden.
So sieht CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt im Bürgergeld einen Fehlanreiz im Kampf gegen Langzeitarbeitslosigkeit. »Der Grundsatz des Forderns und Förderns wird durch das Bürgergeld weiter eingeschränkt«, sagte Dobrindt der »Augsburger Allgemeinen«. »Das kann gerade dazu führen, dass der Leistungsbezug zementiert wird und Demotivation statt Arbeitsaufnahme gefördert wird«, warnte Dobrindt. Er warf Heil vor, »offensichtlich nach einem Weg zum bedingungslosen Grundeinkommen« zu suchen und außerdem »neue Anreize zur Einwanderung in unsere Sozialsysteme« zu schaffen.
Linke-Fraktionsvize Susanne Ferschl nannte das Bürgergeld trotz einiger Verbesserungen »Armut per Gesetz«. Die geplante Erhöhung gleiche nur inflationsbedingte Mehrkosten aus, sagte sie der »Augsburger Allgemeinen«. Der Regelsatz müsse mindestens um 200 Euro zuzüglich Stromkosten steigen, forderte Ferschl.
Nachbesserungen hält auch der Deutsche Städtetag für nötig. Die Balance zwischen Fördern und Fordern müsse erhalten werden, auch Sanktionen dürften nicht fehlen, mahnte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy in den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Mittwoch). Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerks, bemängelte in den Funke-Zeitungen: »Die stark gestiegene Inflation und insbesondere die explodierenden Energiepreise werden diese finanziellen Zuwächse komplett zunichtemachen.«
Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger sprach von einem falschen Signal an Bezieher kleiner Einkommen. Umstritten ist auch, dass die Sanktionen bei Verletzung der mit dem Bezug der Sozialleistungen verbundenen Auflagen abgemildert werden. Heil wies die Kritik am Mittwoch im Deutschlandfunk zurück. Er verwies etwa auf den am 1. Oktober steigenden Mindestlohn. Zudem könnten auch Geringverdiener Wohngeld beziehen, sagte er.