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News: Olaf Scholz, Ukraine, Walter Lübcke, Donald Trump, FBI, Mar-a-Lago

Gestatten, Gepard

Heute stehen keine Langstreckenflüge für Bundeskanzler Olaf Scholz auf dem Programm. Der Weg zum Truppenübungsplatz Putlos in Schleswig-Holstein, den der Kanzler heute besucht, ist im Hubschrauber schnell zurückgelegt. Und anders als Verteidigungsministerin Christine Lambrecht hat Scholz auch keine Söhne, die eine Mitfluggelegenheit suchen und später mit Instagramfotos peinlich werden könnten.

In Putlos werden ukrainische Soldaten am Gepard ausgebildet. Je nachdem, wen man in der Bundesregierung fragt, handelt es sich bei diesem Kriegsgerät um einen Flugabwehrkanonenpanzer (so die herrschende Meinung) oder keinen Panzer, sondern einfach ein schweres Ding aus Metall »mit einem Rohr, das in die Luft schießt« (Lambrecht).

Gepard der Bundeswehr (2007 in Münster)

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Foto: Christian Charisius / REUTERS

Die ukrainischen Soldaten werden von Ausbildern der Rüstungsfirma Krauss-Maffei Wegmann trainiert, denen Scholz ebenfalls begegnen wird. Wie die ukrainische Regierung Ende Juli mitteilte, sind nach einigem Hin und Her über die Beschaffung der passenden Munition drei Gepard-Panzer in dem von Russland angegriffenen Land eingetroffen. Weitere 12 sollen bald folgen.

Der Besuch in Putlos ist eine leichte Übung für Scholz verglichen mit seinem Abendprogramm. Es geht weiter Richtung Osten, nach Magdeburg. Nach einem Besuch in einem Forschungscampus der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, wo minimalinvasive Therapien für Krebs, Schlaganfall, Demenz und Herzinfarkt gesucht werden, stellt er sich ab 18 Uhr einem »Kanzlergespräch« mit Bürgerinnen und Bürgern in der Festung Mark, sonst Schauplatz von Poetry Slams oder Schlagerpartys.

Es könnte sein, dass sich dann wiederholt, was jüngst in Neuruppin geschah: Ein paar Hundert Leute, die mit Scholz vielleicht wirklich ein Gespräch führen wollen, werden übertönt vom Geschrei und Pfeifkonzert organisierter Protestler, die von der AfD und rechten Splittergruppen mobilisiert wurden. Es könnte sein, dass der Abend dann einfach im Eimer ist. Scholz ist kein Lautsprecher, selten lässt er sich hinreißen zurückzubrüllen, wenn er angepöbelt wird. Und was brächte das auch?

Wie gut hat es da Scholz’ Reisegenosse, Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, der zur selben Zeit auf dem 26. Westfälischen Wirtschaftstag in Münster gastiert. Westfalen gelten als einsilbig, und in Münster hatte die AfD bei der Bundestagswahl ihr schlechtestes Ergebnis bundesweit: 2,86 Prozent. Auch das Publikum dürfte hier keine Schwierigkeiten machen. Die Wirtschaftsleute, traditionell keinen Grünen-Fans, scheinen Habeck neuerdings zu lieben.

Mehr Nachrichten und Hintergründe zum Krieg in der Ukraine finden Sie hier:

  • Was in der Nacht geschah: Der ukrainische Präsident gibt sich siegessicher. Bundesaußenministerin Baerbock sieht in Friedensgesprächen mit Moskau derzeit keinen Sinn. Und: Die USA verurteilen Russlands »Schauprozesse«. Der Überblick.

  • »Frau Merkel könnte irgendwann eine Rolle spielen«: Mitte Oktober wird der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk Berlin verlassen. Zum Tag der Unabhängigkeit seines Landes spricht er über Erwartungen an die Bundesregierung – und sagt, was er sich von der Altkanzlerin erhofft. 

  • »Tagesthemen« senden aus Kiew: Ukrainerinnen und Ukrainer sprachen über ihr Leben im Krieg. Außenminister Kuleba erklärte: »Es fühlt sich so an, als hätten wir diesen Krieg bereits gewonnen.«

  • »Du kannst nicht mit einem Bären verhandeln, der gerade dein Bein frisst«: Am ukrainischen Unabhängigkeitstag reiste der britische Premierminister Johnson nach Kiew. Er versprach weitere Waffenlieferungen – und richtete klare Worte an den russischen Machthaber Putin. Das Video.

Sonnenblumenhaus, später

Die Ausschreitungen von Rostock-Lichtenhagen gegen Geflüchtete und Vertragsarbeiter aus Vietnam und ihre Familien dauerten damals vier Tage – heute vor 30 Jahren wurden sie endlich beendet. Die ganze Woche schon sind Politiker zu Gedenkveranstaltungen in die Stadt gereist, heute kommt nun Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Er will am Nachmittag Blumen am »Sonnenblumenhaus« niederlegen, auf das damals Molotowcocktails flogen, nachdem die überforderte Polizei sich zeitweise zurückgezogen hatte.


Blick auf das Sonnenblumenhaus im Rostocker Stadtteil Lichtenhagen

Blick auf das Sonnenblumenhaus im Rostocker Stadtteil Lichtenhagen


Foto: Jens Büttner / dpa

Der Bundespräsident wird noch einen buddhistisch-vietnamesischen Tempel besuchen und eine Rede im Rostocker Rathaus halten. Steinmeier ist nicht als mitreißender Redner bekannt, selten gelangen ihm bisher Auftritte, die berührten und beeindruckten. Aber als seine große Stärke hat sich die kleine Form erwiesen, das Bürgergespräch, die Kaffeetafel, der Spaziergang durch Innenstädte. Ein solches Format ist heute auch in Rostock-Lichtenhagen geplant, Steinmeier will sich mit Schülerinnen und Schülern und Menschen aus der Nachbarschaft des damals angegriffenen Gebäudes unterhalten. Vielleicht ist es sogar besser, wenn ein Bundespräsident sich ungezwungen mit normalen Menschen unterhalten kann. Offizielle Reden gibt es in diesem Land genug.

Heute wird in Deutschland außerdem noch ein weiteres Kapitel rechtsextremer Gewalt aus der Mitte der Gesellschaft behandelt: Der Bundesgerichtshof urteilt im Mordfall Walter Lübcke. Der Kasseler Regierungspräsident, der sich für die Aufnahme von Flüchtlingen engagiert hatte, war 2019 auf der Terrasse seines Wohnhauses erschossen worden. Das Oberlandesgericht Frankfurt verurteilte den Rechtsextremisten Stephan Ernst dafür wegen Mordes, seinen mutmaßlichen Gehilfen Markus H. aber nur wegen unerlaubten Waffenbesitzes.

Nicht nur Ernst und H. haben gegen ihre Verurteilung Revision eingelegt, sondern auch die Bundesanwaltschaft und Lübckes Familie als Nebenkläger. Sie sind überzeugt, dass H. in den Mord verwickelt war. Wie das Urteil auch ausfällt, es ist zu hoffen, dass es Walter Lübckes Familie danach gelingt, ein bisschen Frieden zu finden.

Ungeduldiges Papier

Die Affäre um Hunderte als vertraulich oder sogar streng geheim eingestufte Dokumente, die Donald Trump in seinem Anwesen Mar-a-Lago gehortet haben soll, setzt dem Ex-Präsidenten schwer zu. Praktisch täglich kommen neue Details in der Sache ans Licht. Trumps Anwälte haben mehr und mehr Schwierigkeiten, ihren Mandanten als verfolgte Unschuld darzustellen.


Der frühere US-Präsident Donald Trump

Der frühere US-Präsident Donald Trump


Foto: Morry Gash / AP

Dabei schwebt über allem weiterhin die Frage, warum Trump überhaupt so viele als vertraulich, geheim und sogar streng geheim markierte Papiere nach seinem Ausscheiden aus dem Amt einfach mit nach Hause nahm. Wollte er Abhörprotokolle der Geheimdienste einsetzen, um politische Gegner unter Druck zu setzen? Ging es ihm darum, eigene, möglicherweise illegale Handlungen aus seiner Regierungszeit zu verbergen? Hoffte er womöglich sogar, Staatsgeheimnisse durch Weitergabe an Dritte zu Geld zu machen? Oder hatte er einfach genug von vergoldeten Kitsch-Vasen in den Regalen und wollte seinem Zuhause durch Aktendeckel einen intellektuelleren Anstrich geben? Fest steht, dass Trump über Monate alles daran setzte, die Herausgabe der Papiere zu verhindern. Und nach der Razzia des FBI möchte er am liebsten alle Dokumente wieder zurück haben.

Unser USA-Korrespondent Roland Nelles hat für heute eine Analyse zu Trumps Datenklau  geschrieben. Denn gleich zwei Richter werden sich heute und morgen mit den Eingaben von Trumps Anwälten gegen die Beschlagnahmung der Dokumente befassen. Ob heute schon eine erste Entscheidung fällt, ist noch offen. Aber Roland hält es für zweifelhaft, dass die Anträge von Erfolg gekrönt sein werden. Ein Grund dafür ist nur mittelbar juristisch: »Trump findet kaum noch erfahrene Anwälte, die für ihn arbeiten wollen«, so Roland. »Das Einzige, was ihm in der Sache jetzt wirklich noch bleibt, ist, seine Anhänger mit Verschwörungstheorien gegen das FBI und die Justiz aufzuhetzen. Das wirkt aber eher wie ein verzweifeltes Ablenkungsmanöver.«

Wildtyp und Variante

Gleich zwei Gerichte befassen sich heute mit den Nebenwirkungen der Pandemie. Das Oberverwaltungsgericht Münster verhandelt heute über Klagen gegen die Schließungen im Corona-Lockdown von April 2020 in Nordrhein-Westfalen: Geklagt haben etwa ein Fitnessstudio in Bielefeld, ein Personal Trainer in Gelsenkirchen und eine Tanzschule in Bonn. Ob es wohl die Tanzschule war, in der wir Zugewanderte aus Siegburg früher Quickstep und Tango gelernt haben? Der würde ich natürlich die Daumen drücken. Im Eilverfahren sind die Kläger allerdings bereits gescheitert.

Auch in Greifswald stehen Maßnahmen gegen die Pandemie vor Gericht, dieses Mal geht es allerdings um finanzielle Gegenwehr: Das Landesverfassungsgericht verhandelt eine Klage der AfD gegen den zweiten Nachtragshaushalt, den die Regierung von Manuela Schwesig in der Pandemie verabschiedet hatte. Die Siegeschancen der AfD stehen offenbar nicht schlecht: Schon der Landesrechnungshof in Schwerin hat den milliardenschweren, kreditfinanzierten Schutzfonds, den Mecklenburg-Vorpommern in der Pandemie auflegte, für rechtswidrig gehalten. Ein Urteil des Landesverfassungsgerichts wird heute zwar noch nicht fallen, erst mal wird nur verhandelt. Oft verrät die Verhandlung aber schon, wohin die Reise geht.


Düsseldorfer Königsallee während des Lockdowns im April 2020

Düsseldorfer Königsallee während des Lockdowns im April 2020


Foto:

Martin Gerten/ DPA


Das beste Mittel gegen das Virus werden auch in diesem Herbst keine Lockdowns oder Rettungspakete sein, sondern die Booster-Impfungen. Mein Kollege Thomas Schulz hat den Biontech-Chef Uğur Şahin interviewt , der seinen Impfstoff schon zu Beginn dieses Jahres weiterentwickelt hatte, sodass er noch besser vor Varianten wie Omikron schützt. Längst liegen Millionen Impfdosen fertig in Kühlregalen – nur zugelassen ist der Impfstoff noch nicht.

Impfen ohne Ende, ist das wirklich nötig? Ja, sagt der Biontech-Chef: Mit Omikron hätte sich das Virus weit von seinem Wildtyp entfernt, und es mutiere ständig weiter. Man müsse dem menschlichen Immunsystem mit dem Booster »bereits jetzt möglichst viele dieser mutierten Positionen zeigen, damit es dazulernt und auch nachkommende Varianten erkennt«.

Şahin hat sicherheitshalber sogar zwei Varianten des Impfstoffs entwickelt, was noch für Verwirrung sorgen könnte. Jetzt fehlt nur noch die Zulassung. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach rechnet mit ihr schon in der kommenden Woche. Das wäre sogar noch rechtzeitig zum bajuwarischen Superspreader-Event des Jahres: dem Oktoberfest in München.

Hier geht’s zum aktuellen Tagesquiz

Die Startfrage heute: Neben Bundeskanzler Olaf Scholz gibt es 16 Ministerinnen und Minister im Kabinett. Wer hat Ende 2021 das Ministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit übernommen?

Verliererin des Tages…




Foto: MONIRUL ALAM / EPA

… ist Michelle Bachelet, scheidende Hochkommissarin für Menschenrechte. Die Amtszeit der Chilenin läuft Ende August aus, und die letzte Phase wurde überschattet von Bachelets enttäuschendem Umgang mit den Menschenrechtsverletzungen in der chinesischen Region Xinjiang. Ein SPIEGEL-Team hatte im Mai dieses Jahres neue Belege über Folter und brutale Unterdrückung der muslimischen Minderheit der Uiguren in dieser Region publik gemacht .

Bachelet war damals kurz nach unserer Veröffentlichung nach China gereist, doch anstatt die gravierenden Menschenrechtsverletzungen zu geißeln, wie es ihr Amt verlangt hätte, ließ sie sich für die chinesische Regierungspropaganda einspannen. Ihr Abschlussbericht über die Lage ein Xinjiang steht bis heute aus – ein blamables Ende einer an sich erfolgreichen politischen Karriere für die Chilenin.

Für eine zweite Amtszeit hatte die 70-jährige Bachelet sich erst gar nicht beworben. Ihr Mandat läuft Ende August aus, als Nachfolger wird der österreichische Jurist und Uno-Beamte Volker Türk gehandelt. Man darf hoffen, dass er dem Posten besser gerecht wird.


Die jüngsten Meldungen aus der Nacht

  • US-Jury spricht Kobe Bryants Witwe 16 Millionen Dollar zu: Nach Kobe Bryants tödlichem Hubschrauberabsturz machten Rettungskräfte Fotos der Unfallstelle – und zeigten die Bilder herum. Seite Witwe verklagte den Bezirk Los Angeles. Nun fiel das Urteil in dem Prozess.

  • Brand auf Dach von Berliner Mietshaus ausgebrochen: Während der Löscharbeiten explodierte ein Druckgasbehälter auf dem Haus – es kam zu einer Explosion mit Feuerball.

  • »Im Westen nichts Neues« geht für Deutschland ins Rennen um den Auslands-Oscar: Der Netflix-Film von Regisseur Edward Berger setzte sich gegen acht weitere Bewerber durch.



Podcast Cover


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Die SPIEGEL+-Empfehlungen für heute

  • 70 Minuten bis zum nächsten Wutanfall: Wenn vor dem Sommerurlaub erst einmal ein langer Stau kommt, ist die Frustration groß. Der britische Mathematiker James Hind hat untersucht, wie häufig Kinder auf diesen Reisen quengelig werden – und erklärt, was Eltern dagegen tun können. 

  • Kinder bekommen, krank sein – was Führungskräfte jetzt für Möglichkeiten haben: Vorstandsmitglieder und Geschäftsführerinnen hatten in Deutschland bis vor einem Jahr kein Recht auf Mutterschutz oder eine Pause im Krankheitsfall – bis eine Initiative ein Gesetz erwirkte. Was hat es gebracht? 

  • »Ich hatte immer das Gefühl, dass die Jungs mit mir nicht mithalten können«: Mittellos zog Mia Fonssagrives-Solow nach Paris, studierte Modedesign und erfand den Minirock mit. Dann heiratete sie einen Milliardär – nahm aber kein Geld von ihm. Hier spricht sie über Kunst, Männer und Gerechtigkeit. 

  • Kaum Blockbuster, aber viel Neues: Erstmals seit Pandemie-Beginn findet die Gamescom wieder offline statt. Ein Streifzug durch die Messehallen lässt erahnen, wie schnell sich die Branche wandelt. 

Ich wünsche Ihnen einen guten Start in den Tag.

Ihre Melanie Amann

Anmerkung der Redaktion: Wir haben die Schreibweise der chinesischen Region Xinjiang korrigiert.

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