Für den früheren AfD-Chef Jörg Meuthen hat der Start in seiner neuen politischen Heimat mit einer Niederlage begonnen. Die »Deutsche Zentrumspartei« wird nicht zur niedersächsischen Landtagswahl am 9. Oktober antreten.
Die konservative Kleinstpartei verfehlte die für die Zulassung erforderlichen 2000 Unterstützungsunterschriften, die beim Landeswahlausschuss vorgelegt werden müssen. Er sehe das »völlig entspannt«, erklärte nun Meuthen dem SPIEGEL. Seine Partei habe »trotz erheblicher Covid-bedingter Probleme über 1000 Unterschriften in einem noch sehr kleinen Landesverband« sammeln können. Das »Wiedererstarken des Zentrums« sei ein »Langfristprojekt, das wir ganz bewusst schrittweise angehen«, so der 61-Jährige.
Der Klassensprecher
Mit seiner ungewöhnlichen Art, zu den Menschen zu sprechen, ist Robert Habeck in der Krise einer der beliebtesten Politiker der Bundesregierung geworden. Ist der Wirtschaftsminister authentisch? Oder steckt eine Masche dahinter? Im Koalitionsstreit um die Gaskrise muss er seine Widersacher erst überzeugen.
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Als er im Juni in Berlin seinen Beitritt zur neuen Partei verkündete, hatte der EU-Abgeordnete erklärt, bei der Unterschriftensammlung sehe es »sehr, sehr gut« aus. Doch auch eine Videobotschaft Meuthens und seiner Ehefrau in sozialen Medien, die sich unter anderem an russischstämmige Deutsche richtete, brachte im Sommer offenbar keinen Schub in Niedersachsen. Für Meuthen ist die Nichtzulassung indes »kein Beinbruch«, die »wichtigen Wahlen kommen erst noch«.
Zentrum mit einem Ex-AfD-Abgeordneten im Bundestag
Meuthen hatte Ende Januar nach mehr als sechs Jahren als Co-Vorsitzender der AfD den Rücken gekehrt. Er begründete dies mit dem zunehmenden Rechtskurs der Partei. Mitte Juni gab er seinen Eintritt in die Zentrumspartei bekannt.
Das Zentrum gehörte einst zu den tragenden Kräften der Weimarer Republik und galt als Sammelbewegung des politischen Katholizismus, verlor aber nach 1945 zunehmend an Bedeutung, vor allem durch die Konkurrenz der CDU.
Ihre heutige Mitgliederzahl ist überschaubar. Als Meuthen im Juni bei einer Pressekonferenz seinen Einritt bekannt gab, sagte Zentrums-Schatzmeister Hans-Joachim Woitzik, die Partei habe bundesweit die Zahl von »500 Mitgliedern überschritten«.
Zur Bundestagswahl im vergangenen Jahr war die Deutsche Zentrumspartei nicht zugelassen worden, weil sie sechs Jahre lang keinen Rechenschaftsbericht eingereicht hatte, der den gesetzlichen Anforderungen genügte. Dennoch ist die Partei seit diesem Frühjahr im Bundestag zum ersten Mal seit 1957 wieder vertreten – durch den Beitritt des früheren AfD-Abgeordneten Uwe Witt.