Bei einer Pressekonferenz mit dem Bundeskanzler im Kanzleramt hat Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas Israel des »Holocausts« beschuldigt. Olaf Scholz widersprach nicht und sorgte damit für einen Eklat. Nun hat auch der Zentralrat der Juden in Deutschland das Verhalten des Kanzlers kritisiert.
»Solche Äußerungen dürfen nicht unkommentiert stehen gelassen werden«, sagte Zentralratspräsident Josef Schuster mit Blick auf die Behauptung von Abbas, Israel habe seit 1947 »50 Massaker, 50 Holocausts« an Palästinensern begangen.
»Dass eine Relativierung des Holocaust, gerade in Deutschland, bei einer Pressekonferenz im Bundeskanzleramt, unwidersprochen bleibt, halte ich für skandalös«, teilte Schuster mit. Abbas hatte sich am Dienstag nach einem Gespräch mit Scholz auf einer gemeinsamen Pressekonferenz geäußert. Gefragt worden war er nach einer möglichen Entschuldigung der Palästinenser für das Olympia-Attentat in München 1972. Unmittelbar nach seiner Antwort wurde die Pressekonferenz beendet; Scholz äußerte sich nicht mehr.
Auch die Kanzlerin verurteilt die Aussagen auf der Pressekonferenz: »Bundeskanzlerin a. D. Dr. Merkel verurteilt die Äußerungen von Präsident Abbas im Rahmen seiner Pressekonferenz in Berlin auf das Schärfste«.
Die Äußerung sei ein inakzeptabler »Versuch, die Singularität der von Deutschland im Nationalsozialismus begangenen Verbrechen des Zivilisationsbruchs der Shoa zu relativieren beziehungsweise den Staat Israel direkt oder indirekt auf eine Stufe mit Deutschland in der Zeit des Nationalsozialismus zu stellen«. Merkel bekräftigte: »Solche Versuche wird Deutschland niemals dulden.«
Linken-Bundesgeschäftsführer Tobias Bank sagte dem SPIEGEL: »Jede Verharmlosung des Holocausts ist unerträglich. Bundeskanzler Olaf Scholz hätte hier sensibler sein müssen.« Deutschland habe eine besondere Verantwortung und »dieser muss ein Regierungschef immer nachkommen«, so der Linkenpolitiker.
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) verurteilt die Aussagen ebenfalls gegenüber dem SPIEGEL: »Jede Relativierung des Holocaust verbietet sich, gerade in Deutschland und vor allem in Amtsräumen. Nach Auschwitz kann es in Deutschland kein Verharmlosen oder Relativieren geben.«
Scholz reagiert später
Scholz reagierte erst später auf die Äußerungen von Abbas, und zwar in der »Bild«-Zeitung sowie auf Twitter. »Ich bin zutiefst empört über die unsäglichen Aussagen des palästinensischen Präsidenten Mahmoud Abbas«, schrieb er auf Twitter. »Gerade für uns Deutsche ist jegliche Relativierung des Holocaust unerträglich und inakzeptabel.«
Auch Schuster verurteilte die Äußerung von Abbas. »Damit relativiert er nicht nur die Schoa und die nationalsozialistische Vernichtungspolitik.« Abbas trete auch »das Andenken an sechs Millionen ermordete Jüdinnen und Juden mit Füßen und beschädigt die Erinnerung an alle Opfer des Holocaust«, erklärte Schuster. »Nicht minder beschämend ist es, dass Mahmud Abbas nicht in der Lage ist, die Ermordung der elf israelischen Sportler bei der Olympiade 1972 in München durch palästinensische Terroristen zu verurteilen.« Er frage sich, »wie ein Politiker, der Terror duldet, Partner für Frieden sein soll«, erklärte der Zentralratspräsident weiter.
Ebenfalls reagiert hat Charlotte Knobloch. Die Beauftragte für Holocaust-Gedenken des World Jewish Congress und Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern bezeichnete die Aussagen von Abbas als »Beleidigung der Opfer des Holocaust, des israelischen Volkes und seiner deutschen Gastgeber«. Die klaren Worte des Bundeskanzlers im Anschluss dürften nicht die einzige Konsequenz bleiben, forderte Knobloch.