Ein Reserveoffizier der Bundeswehr soll den russischen Geheimdienst GRU jahrelang mit Informationen versorgt haben. Seit Donnerstag muss sich der 65-Jährige wegen besonders schwerer geheimdienstlicher Agententätigkeit vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht verantworten.
Laut Anklage der Bundesanwaltschaft hat der Mann aus Erkrath bei Düsseldorf Informationen zum deutschen Reservistenwesen und zur zivil-militärischen Zusammenarbeit in Krisensituationen verraten. Außerdem sei es um die Auswirkungen der 2014 verhängten Russlandsanktionen und die inzwischen gestoppte Ostseepipeline Nord Stream 2 gegangen.
Ihm drohen bis zu zehn Jahre Haft.
Die Dokumente und Informationen stammten laut Anklage teilweise aus öffentlichen, aber auch aus nicht öffentlichen Quellen. So soll der Angeklagte Passagen aus dem Weißbuch des Bundesverteidigungsministeriums noch vor deren Veröffentlichung an die Russen weitergegeben haben. Mal soll es um Waffensysteme, mal um die Cyberfähigkeiten der Bundeswehr gegangen sein.
Vermutliches Motiv: »Sympathie für die Russische Föderation«
Außerdem soll der Mann den Russen private Kontaktdaten von hochrangigen Angehörigen der Bundeswehr und aus der Wirtschaft verschafft haben. Der umtriebige Erkrather saß auch im Außenwirtschaftsausschuss der IHK Düsseldorf und in einem Außenhandelsverband.
Dass die Informationen an den Geheimdienst GRU gingen, sei ihm bewusst gewesen, betonte der Vertreter der Bundesanwaltschaft am Donnerstag. Seine Kontaktleute fungierten zwar offiziell als Attachés der russischen Botschaft, seien aber tatsächlich Mitarbeiter des Geheimdienstes gewesen.
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Überwiegend per E-Mail, aber auch bei persönlichen Treffen habe der Reserveoffizier die Informationen weitergegeben. Damit habe er gegen die Interessen der Bundesrepublik Deutschland und der USA gehandelt.
Als Motiv für die dem Anschein nach unbezahlte Nebentätigkeit vermutet die Bundesanwaltschaft »Sympathie für die Russische Föderation«, wie es in der 107 Seiten starken Anklageschrift heißt. Möglicherweise spielte auch Eitelkeit eine Rolle: »Der Angeklagte versuchte, sich interessant zu machen«, sagte der Vertreter der Bundesanwaltschaft bei der Verlesung der Anklage. Aufgefallen sei er, weil er zu offiziellen Veranstaltungen russischer Stellen wie der Moskauer Sicherheitskonferenz eingeladen worden sei. Der Militärische Abschirmdienst (MAD) soll ihm 2018 auf die Schliche gekommen sein. Seine Wohnung wurde aber erst 2020 durchsucht.
Das Gericht hat für den Fall bis Mitte Dezember 20 Verhandlungstage angesetzt. Der Verteidiger des Oberstleutnants kündigte eine Einlassung seines Mandanten zu den Vorwürfen an – allerdings erst zu einem späteren Zeitpunkt. Der Prozess wird am 1. September fortgesetzt. Der 65-Jährige habe bereits im Ermittlungsverfahren ein Teilgeständnis abgelegt, sagte eine Gerichtssprecherin.