Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) rechnet trotz der wirtschaftlichen Verwerfungen durch Russlands Krieg gegen die Ukraine nicht mit sozialen Spannungen. Auf die Frage, ob er wegen der Energiekrise und den damit verbundenen Folgen Unruhen erwarte, verneinte Scholz in der traditionellen Sommer-Pressekonferenz: »Ich glaube nicht, dass es in diesem Land zu Unruhen kommen wird«.
Der Sozialstaat müsse zeigen, dass er niemanden allein lassen werde. Zuvor hatte Scholz bereits gesagt, Deutschland habe alle Chancen, »gut durch diese Zeit zu kommen«. Man dürfe bei den Konsequenzen der Krise aber auch nicht beschwichtigen. Derzeit seien noch nicht alle Maßnahmen des Entlastungspakets ausgeschöpft. Man werde »alles dafür tun, dass die Bürgerinnen und Bürger durch diese schwierige Zeit kommen«.
Zuletzt hatte etwa der Diakonie-Präsident Ulrich Lilie im SPIEGEL-Interview gewarnt , der soziale Frieden und der Zusammenhalt seien angesichts höherer Preise schon jetzt bedroht. Lilie verwies dabei auf zunehmende Knappheit bei den Tafeln.
Auch werde die Regierung über die schon beschlossenen Pakete hinaus weitere Maßnahmen ergreifen müssen, sagte Scholz. Dazu sei man fest entschlossen. Laut Scholz wird es dabei auch um steuerliche Entlastungen gehen. »Der Finanzminister hat seinen Beitrag zu den notwendigen Überlegungen dazu gestern vorgestellt«, sagte Scholz mit Verweis auf Äußerungen seines Ministers Christian Lindner (FDP). Nach Lindners Plänen soll die Entlastung einen Umfang von zehn Milliarden Euro haben (lesen Sie hier mehr zu den Plänen ).
Absage an russischen »Diktatfrieden«
Scholz kündigte indes weitere Unterstützung für die Ukraine an. »Wir unterstützen die Ukraine finanziell und wir haben uns darauf eingestellt, dass das, was mit diesem Krieg verbunden ist, die ganze Welt berührt. Konkret wurde er bei der Frage künftiger Waffenlieferungen zunächst nicht. Er nannte den Krieg jedoch die aktuell größte Herausforderung. Russland müsse einsehen, »dass es nicht hinauslaufen kann auf einen Diktatfrieden, wie er wahrscheinlich am Anfang in den Köpfen des russischen Präsidenten und seiner politischen Führungskräfte gewesen ist«.
Auf die Frage, ob er sich dafür einsetzen werde, dass der russische Präsident Wladimir Putin für Kriegsverbrechen in der Ukraine zur Verantwortung gezogen werde, sagte Scholz, er sei »sehr überzeugt davon, dass wir auch alle Maßnahmen ergreifen müssen, um alle diese Verbrechen aufzuklären«.
Auf Unterstützung seines Parteigenossen und Amtsvorgängers Gerhard Schröder hofft Scholz bei der Lösung des Konflikts aber nicht. Auf die Frage, ob Schröder für ihn noch einmal nützlich sein könne, antwortete Scholz: »Ich wüsste nicht.« Es wäre aber »mal ein verdienstvolles Geschäft«, dafür zu sorgen, dass Russland die Einfuhr einer Turbine für die Gasleitung Nord Stream 1 erlaube, merkte Scholz an. Die von Siemens-Energy gewartete Turbine ist derzeit in Deutschland.
Scholz wusste laut eigener Aussage »nichts« über das Schließfach seines SPD-Kollegen Kahrs
Scholz war zuletzt auch wegen eines erheblichen Bargeldfunds bei seinem Parteikollegen Johannes Kahrs in Bedrängnis geraten. Auf die Frage einer Journalistin, was er über das Geld im Schließfach von Kahrs wisse, bekräftige der Kanzler: »Nichts«. Und auf Nachfrage, was er denke, woher das Geld komme: »Keine Ahnung, ich nehme an, das wissen Sie eher als ich«. Später ergänzte Scholz, über die Herkunft des Geldes seines Parteigenossen sei er »neugierig«. Kahrs werde darüber jedoch »wahrscheinlich weder mir noch Ihnen eine Auskunft erteilen.«
Der Kanzler beteuerte, es gebe weiterhin keine Erkenntnisse darüber, dass es im Hamburger Cum-Ex-Skandal eine politische Beeinflussung gegeben habe. Er nannte es »bemerkenswert«, dass die Debatte darüber nun nach Jahren erneut aufflamme. Er freue sich auf eine erneute Befragung vor dem Hamburger Untersuchungsausschuss.