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News des Tages: Coronaregeln, Taiwan, »Fortnite«

1. Die Maske bleibt – außer…

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Justizminister Marco Buschmann (FDP) haben sich nach längerem Streit darauf geeinigt, welche Coronaregeln ab Herbst gelten, etwa bei der Maskenpflicht. Ihr Entwurf für ein neues Infektionsschutzgesetz legt fest, welche Instrumente die Bundesländer einsetzen können. Hier die zentralen Punkte:

Erstens: Die Maskenpflicht in Innenräumen soll ab Oktober wieder gelten. Der Bund schreibt das Tragen von FFP2-Masken weiter in Bus und Bahn, Zügen und Flugzeugen vor. Ausgenommen sind Kinder unter sechs Jahren und medizinische Ausnahmefälle.

Zweitens: Die Länder können per Verordnung in Restaurants, Bars und im ÖPNV oder bei Sportveranstaltungen eine Maskenpflicht vorschreiben. Diese kann aber wegfallen, wenn ein aktueller Test oder ein höchstens drei Monate alter Genesenen- oder Impfnachweis vorgelegt wird.

Drittens: In Schulen und Kitas können Testkonzepte vorgeschrieben werden; ab der 5. Klasse müssen Schülerinnen und Schüler medizinische Masken tragen.

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Viertens: Sollte der Bundestag die »epidemische Lage nationaler Tragweite« feststellen, sind härtere Auflagen möglich: Abstandsgebote, eingeschränkte oder abgesagte Großveranstaltungen, geschlossene Restaurants und Geschäfte. Sollte die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems oder kritischer Infrastrukturen bedroht sein, wären sogar Ausgangsbeschränkungen wieder möglich – das müssten dann die Landtage der Länder beschließen.

Fünftens: Von Schulschließungen ist nicht die Rede.

Was ist vom Plan zu halten? Der Justizminister von der FDP wird es als Erfolg ansehen, dass die 2G- oder 3G-Vorschrift aus dem Instrumentenkasten gestrichen wurde. Der SPD-Gesundheitsminister wiederum darf hoffen, dass sich wieder mehr Menschen impfen lassen, wenn für frisch Geboosterte teilweise die Maskenpflicht entfällt.

Meine Kollegin Milena Hassenkamp aus dem Hauptstadtbüro beurteilt den Entwurf so: »Es ist unstrittig, dass Masken vor Ansteckungen schützen, deshalb ist es sinnvoll, sie in Innenräumen zu tragen. Sicherer wäre es gewesen, sie mit Tests oder Impfung zu kombinieren. Masken, Tests und Impfungen als Alternative anzubieten: Das dürfte zu einem ziemlichen Chaos bei der Kontrolle im Restaurant führen. Und die Länder dürften sich darüber ärgern, dass sie nun einen noch begrenzteren Instrumentenkasten haben, von dem viele Regeln noch durch den Landtag müssen.«

2. China wütet und droht

Der Taiwanbesuch von Nancy Pelosi ist vorbei, nicht aber Chinas Groll über die Sprecherin des US-Repräsentantenhauses. Die chinesische Führung kündigte weitreichende Folgen an. In wenigen Tagen könnten sogar Kriegsschiffe in taiwanischen Hoheitsgewässern kreuzen.

Mein Kollege Christoph Giesen  hält sich derzeit in der Küstenstadt Xiamen am südchinesischen Meer auf. Er berichtet über einen Sturm der Entrüstung bei offiziellen Stellen, im chinesischen Fernsehen und in den sozialen Medien.

Chinas Außenminister nannte die USA den größten Zerstörer des Friedens in der Straße von Taiwan. Ein Vizeaußenminister sagte: »Der Schritt ist unerhört, und die Konsequenzen sind äußerst ernst. China wird nicht tatenlos zusehen.« Es gab neue Wirtschaftssanktionen gegen Taiwan. Auch Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock bekam ihr Fett weg, weil sie Pekings Drohgebärden gegen Taiwan kritisiert hatte. Peking sagte, man verbitte sich Einmischung in »innere Angelegenheiten«.

Droht eine Eskalation, gar ein bewaffneter Konflikt? Das ist unklar. Hochrangige Militärs kündigten Übungen an, mit scharfer Munition. Einige der Übungsbereiche überschneiden sich mit den taiwanischen Hoheitsgewässern. So könnten etwa ab Donnerstag chinesische Kriegsschiffe weniger als zwölf Meilen entfernt von der Hafenstadt Kaohsiung kreuzen. Die chinesische Armee warnte, zivile Schiffe und Flugzeuge sollten die Zonen unbedingt meiden.

Mein Kollege Bernhard Zand ist in Taiwan, er berichtet von Sorge und Unruhe wegen der sogenannten Vergeltungsschläge, die China angekündigt hat.

War es ein Fehler, dass Pelosi Taiwan besucht hat, eine unnötige Provokation, wie einige Kritiker meinen? Ich finde nicht. Denn natürlich ist es China, das schon seit Jahren immer aggressiver gegenüber Taiwan auftritt, und nicht umgekehrt.

3. »Fortnite« und der Fall Ayleen

Vor einigen Tagen fand man nahe Frankfurt die Leiche der 14-jährigen Ayleen. Sie wurde getötet, mutmaßlich von einem 29 Jahre alten Mann, den sie übers Internet beim Onlinespiel »Fortnite« kennengelernt hatte. Eine schockierende Nachricht, auch weil »Fortnite« mit seinen Chatfunktionen so weitverbreitet ist. Etwa 20 Millionen Nutzer hat das Spiel weltweit pro Tag. Viele Eltern fragen sich: Wo treibt mein Kind sich da eigentlich herum?

Mein Kollege Markus Böhm hat recherchiert , welche Rolle »Fortnite« im Fall Ayleen spielte – und was Eltern tun können, um ihre Kinder vor verhängnisvollen Bekanntschaften zu schützen. Weil bei »Fortnite« häufig in Teams mit zufällig zugeordneten Mitstreitern gespielt wird, mit sogenannten Randoms, ist es leicht, mit Fremden in Kontakt zu treten. Die Spielernamen sind in der Regel fiktiv, das wahre Alter bleibt ungenannt.

Dennoch können Eltern verhindern, dass ihre Kinder wahllos mit Fremden chatten, denn »Fortnite« verfügt über eine Kindersicherung. Hier lässt sich die Annahme von Freundschaftsanfragen begrenzen oder die gesamte Chatfunktion abschalten. Eine weitere Option ist, den eigenen Namen für alle jenseits des eigenen Teams unsichtbar zu machen. Das erschwert Dritten die Kontaktaufnahme.

Einige Plattformbetreiber haben damit begonnen, die Chats nach verdächtigen Formulierungen zu durchsuchen, berichtete kürzlich das Magazin »Vice«. Es gehe um Sätze wie »Ich wünschte, du wärst jünger« oder die Frage, ob »gerade noch jemand anders zu Hause« sei.

Markus schreibt aber auch: »Viele Jugendschutzfunktionen lassen sich austricksen oder haben Schwächen. Daher wäre es naiv, sich beim Schutz von Kindern allein auf die Technik zu verlassen.« Eltern müssten ihren Kindern klarmachen, dass sie keine privaten Daten oder Fotos in Chats herausgeben sollten. Und dass es nicht immer cool ist, wenn sie plötzlich einen »erwachsenen Freund« im Netz haben oder wenn ein älterer Spielpartner häufig Komplimente macht.

Nachrichten und Hintergründe zum Krieg in der Ukraine:

  • »Es gibt keine Gründe, warum diese Lieferung nicht stattfinden kann« Kanzler Scholz hat ein Siemens-Werk besucht, in dem die Turbine für die Gaspipeline Nord Stream 1 weiter festhängt. Russlands Begründungen hält er für nicht einleuchtend – und politisch motiviert.

  • Mit welchen Strategien Putin die EU zerstören will: Russland geht es nicht nur darum, die Ukraine zu vernichten. Putins Propaganda-Apparat versucht auch in Ländern wie Deutschland die liberale Demokratie zu schwächen: durch Beeinflussung der öffentlichen Debatte.

  • Rüstungsfirma Heckler & Koch mit deutlich mehr Gewinn: Die Schwarzwälder Firma Heckler & Koch konnte 40 Prozent mehr erwirtschaften als im Vorjahr. Dabei schlagen kriegsbedingte Nachbestellungen noch gar nicht zu Buche.

  • Hier finden Sie alle aktuellen Entwicklungen zum Krieg in der Ukraine: Das News-Update

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Was heute sonst noch wichtig ist

  • US-Senator Graham will CDU-Chef Merz nun gar nicht mehr treffen: Friedrich Merz verzichtete auf die Teilnahme an einem Panel mit US-Senator Lindsey Graham – wegen der AfD-Nähe der übrigen Gäste. Konservative dürften sich nicht »gegenseitig canceln«, kritisiert nun der US-Politiker.

  • Linkenchef Schirdewan kündigt Konsequenzen für Kreisvorsitzenden an: Auch wegen sexistischer Angriffe eines Kreisvorsitzenden trat die rheinland-pfälzische Landeschefin Melanie Wery-Sims aus der Linken aus. Dem SPIEGEL liegen Mails vor, die einen respektlosen Umgang im Landesverband offenbaren.

  • SpaceX-Weltraumschrott geht auf australischer Farm nieder: Schafzüchter in Australien hatten Trümmer gefunden – die nationale Weltraumbehörde bestätigt nun, dass sie von SpaceX stammen sollen. In den kommenden Wochen könnten noch mehr Teile auftauchen.

Meine Lieblingsgeschichte heute: Was ist Ihr verborgenes Talent?

Bislang nicht gelungen, aus meiner Inselbegabung Kapital zu schlagen

Ich kann etwas, dass die meisten von Ihnen vermutlich nicht können. Ich kann meine Daumenspitze übers Endgelenk ganz weit nach hinten biegen. Um fast 90 Grad! Ja, staunen Sie ruhig. Leider ist es mir bislang nicht gelungen, aus meiner Inselbegabung Kapital zu schlagen.

Meine Kollegin Maren Keller schlägt vor , dass wir uns viel öfter von unseren Talenten erzählen sollten. Denn, so Maren: »Die Frage nach den nutzlosen Talenten ist eine jener Fragen, zu denen jeder viel erzählen kann. Das liegt wahrscheinlich auch daran, dass selbst die kleinsten Talente sofort zu großen Fragen führen: Warum sind wir, wie wir sind? Warum können wir manches besser als andere und manches schlechter? Was genau sind Talente?«

In ihrem Text geht Maren auch der Frage nach, was wir tun können, um unsere Talente zu fördern. Dass es für jede Fähigkeit 10.000 Stunden Übung brauche, entlarvt sie als Mythos. Dafür stellt sie uns das Phänomen der »Late Bloomer« vor, Menschen, die ihre Begabung erst sehr spät entdecken und ausleben. Wie die Amerikanerin Anna Maria Moses, die mit 76 Jahren rheumabedingt vom Sticken aufs Malen umsattelte. Wenige Jahre später hingen ihre Bilder im Museum of Modern Art, und der damalige US-Präsident Ronald Reagan lud sie zum Tee ein.

Malerkarriere mit fast 80: Was für eine schöne Vorstellung. »Den Talenten ist es egal, ob wir sie früh entdecken oder spät«, schreibt Maren.  »Ob wir sie als unnütz empfinden oder als nützlich. Sie warten geduldig, bis wir einen Pinsel aufnehmen oder die Zahlen in unserem Kopf zusammenfügen, eine Schachfigur bewegen oder einen Tennisball schmettern. Und dann merken wir, dass sie die ganze Zeit da gewesen sind.«

Was wir heute bei SPIEGEL+ empfehlen

  • Operation Rauswurf: Weil er sich nicht von Putin lossagt, wollen Teile der SPD Gerhard Schröder loswerden. Der bleibt uneinsichtig – nun entscheidet ein Parteigericht. Die wichtigsten Antworten zu einem heiklen Verfahren .

  • Einmal Turbine zum Mitnehmen, bitte! Der Bundeskanzler besichtigt in Mülheim an der Ruhr die Turbine, an der die Gasversorgung in Europa hängt. »Das Ding ist perfekt«, lautet Scholz’ Botschaft – und die andere: Auf Russland sei kein Verlass mehr .

  • »Voyager 1« funkt plötzlich rätselhafte Signale: 23,4 Milliarden Kilometer – keine Raumsonde ist weiter von der Erde entfernt als »Voyager 1«. Doch seit Kurzem sendet sie nur noch Kauderwelsch. IT-Experten der Nasa fragen sich: Was ist da draußen los? 


Was heute nicht ganz so wichtig ist

  • Altersweise: US-Schauspieler Brad Pitt, 58, ist auf der Suche nach dem Sinn des Lebens. »Je älter ich werde, desto mehr beschäftige ich mich mit Themen wie Spiritualität und Psychologie. Das hilft«, sagte er der Nachrichtenagentur dpa in Berlin. Dazu passt auch seine Rolle in seinem neuen Film »Bullet Train«. Pitt spielt einen Mann, der nach monatelanger Therapie an seinen Arbeitsplatz zurückkehrt, mit dem Vorsatz, Konflikte auf friedliche Weise zu lösen. Leider kommen ihm gleich mehrere Soziopathen in die Quere und durchkreuzen den Plan.

Tippfehler des Tages, inzwischen korrigiert: »Eine Maske hängt am Zapfhan einer Bar in Berlin«

Cartoon des Tages: Kita Kunterbunt



Illustration: Thomas Plassmann


Und heute Abend?

Den neuen »Batgirl«-Film aus Hollywoods Superheldenuniversum können Sie sich heute nicht ansehen, auch nicht morgen und wohl auch nicht irgendwann in ferner Zukunft. Wie mehrere US-Filmportale berichten, hat das Studio Warner Bros. den bereits abgedrehten Film verworfen. Testvorführungen sollen desaströs ausgefallen sein. Die »New York Post« zitiert eine Quelle mit dem Satz, der Film sei »hoffnungslos«. Und so verschwindet die 70-Millionen-Dollar-Produktion mit Starbesetzung (Leslie Grace, Michael Keaton, J.K. Simmons) jetzt in irgendeiner Hollywoodschublade.

Als ich die Meldung vom »Batgirl«-Film las, ist mir aufgefallen, wie lange ich nicht mehr im Kino war. Es muss mindestens ein Jahr her sein. Selbst das Filmporträt »Elvis« von Baz Luhrmann  habe ich noch nicht gesehen, das wäre mir vor Corona nicht passiert. Und zum Leidwesen der Kinobranche bin ich keine Ausnahme. Deutschlands Filmvorführer klagen über halb leere Säle.

Wie Sie das Kinosterben stoppen können? Hier finden Sie Anregungen unserer Kulturredaktion.

Schreiben Sie mir gern, wenn Ihnen an dieser Abendlage etwas aufgefallen ist, per E-Mail (alexander.neubacher@spiegel.de ) oder über Twitter (@Alex_Neubacher ). Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend.

Herzlich
Ihr Alexander Neubacher

Hier können Sie die »Lage am Abend« per Mail bestellen.

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