Deutschland darf Eltern aus anderen EU-Staaten während der ersten drei Monate ihres Aufenthalts nicht generell vom Kindergeldbezug ausschließen. Das entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg. Für den Anspruch auf Kindergeld reicht es demnach aus, dass EU-Ausländer sich dauerhaft hier niederlassen wollen.
EU-Bürgerinnen und EU-Bürger können sich bis zu drei Monate in jedem anderen EU-Staat aufhalten, um dort Arbeit zu suchen. Ein Pass eines EU-Staats reicht als Aufenthaltsberechtigung aus. Nach deutschem Recht haben diese Menschen während dieser drei Monate keinen Anspruch auf Hartz-IV-Leistungen. Anspruch auf Kindergeld besteht seit Juli 2019 erst dann, wenn die Eltern in Deutschland Erwerbseinkünfte beziehen.
EuGH pocht auf Gleichbehandlung ausländischer EU-Bürger mit Inländern
Im Streitfall hatte eine Frau aus Bulgarien noch kein Erwerbseinkommen, beantragte aber dennoch Kindergeld. Die Familienkasse verweigerte dies, das Finanzgericht Bremen legte den Streit dem EuGH vor.
Dieser pochte nun auf eine Gleichbehandlung ausländischer EU-Bürger mit Inländern. Eine Ausnahme sei nach EU-Recht nur für die Sozialhilfe vorgesehen – das Kindergeld sei jedoch keine Sozialhilfeleistung. Denn es diene nicht der Sicherstellung des Lebensunterhalts, sondern dem Ausgleich von Familienlasten.
Ein Anspruch auf Gleichbehandlung beim Kindergeld besteht nach dem Luxemburger Urteil allerdings erst dann, wenn EU-Bürger hier ihren »gewöhnlichen Aufenthalt« begründet haben, sich also auf Dauer in Deutschland niederlassen wollen. Ein nur vorübergehender Aufenthalt reiche nicht aus.
Die Ungleichbehandlung hatte schon das Finanzgericht Bremen darin gesehen, dass Deutsche nach ihrer Rückkehr von einem Auslandsaufenthalt sofort Kindergeld bekommen, auch wenn sie zunächst noch keine Erwerbseinkünfte haben. Daher könnte Deutschland die Ungleichbehandlung wohl auch dadurch beseitigen, dass auch Deutsche nach einem Auslandsaufenthalt das Kindergeld nicht bedingungslos bekommen.
Aktenzeichen: C-411/20