Coronapandemie, Energiekrise, Krieg in der Ukraine: In Berlin suchen die Regierungsparteien nach dem richtigen Umfang mit gleich mehreren aktuellen Krisen. Dabei sind die drei Ampelparteien jedoch oft uneinig – und oft stehen die Liberalen dabei mit ihrer Haltung gegen SPD und Grüne. FDP-Chef Christian Lindner hat sich nun dazu geäußert, wie er die Rolle seiner Partei innerhalb des Bündnisses sieht.
Dem Finanzminister zufolge ist die FDP die Garantin gegen eine Linksverschiebung in der Regierungspolitik. »Die wichtige Rolle der FDP ergibt sich ja daraus, dafür zu sorgen, dass Deutschland aus der Mitte regiert wird und nicht nach links driftet«, sagte Lindner der »Welt« . »Wir haben die Ampel nicht gebildet aus automatischer inhaltlicher Nähe, sondern weil wir eine staatspolitische Verantwortung haben.«
Die FDP sehe ihre Rolle darin, »liberale Energie« in die Koalition einzubringen und damit »Aufstiegschancen, Leistungsfreude, wirtschaftliche Freiheit, Technologieoffenheit und solide Finanzen zu stärken«, sagte Lindner.
Er nannte Beispiele, bei denen es »große Auseinandersetzungen« gebe – etwa bei der Schuldenbremse und der Frage der Umverteilung. Auch kritisierte der FDP-Chef, »im Zuge der grünen Transformation wollen manche die Soziale Marktwirtschaft selbst in eine Zentralverwaltungswirtschaft transformieren«.
Lindner drängt auf Ende von Stromproduktion aus Gas
Wohl bei kaum einem Thema zeigt sich der innerkoalitionäre Zwist so deutlich wie bei der Frage nach einer möglichen Laufzeitverlängerung für deutsche Atomkraftwerke. Am Sonntag sprach sich Lindner dafür aus. »Wir müssen daran arbeiten, dass zur Gaskrise nicht eine Stromkrise kommt«, sagte er der »Bild am Sonntag«. »Deshalb darf mit Gas nicht länger Strom produziert werden, wie das immer noch passiert.«
Lindner sprach sich erneut für eine längere Laufzeit von Atomkraftwerken aus: »Vieles spricht dafür, die sicheren und klimafreundlichen Kernkraftwerke nicht abzuschalten, sondern nötigenfalls bis 2024 zu nutzen.« Das allerdings dürfte mit den Grünen kaum zu machen sein.
Aktuell sind noch drei Atomkraftwerke in Deutschland am Netz: Emsland in Niedersachsen, Isar 2 in Bayern und Neckarwestheim 2 in Baden-Württemberg. Sie sollen laut Gesetzeslage aber Ende 2022 abgeschaltet werden. Diskutiert wird unter anderem, sie in einem sogenannten Streckbetrieb einige Monate länger laufen zu lassen. Dies fordern etwa FDP-Politiker, auch Grünenpolitiker schließen es nicht aus.
Letztere verweisen aber auf einen neuen Stresstest zur Stromversorgung, den Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) angeordnet hat. Längst wird aber auch über die Wiederinbetriebnahme von bereits stillgelegten AKW debattiert.