Der CDU-Außenexperte Johann Wadephul hat das Auftreten von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) bei ihren Besuchen in der Türkei und Griechenland kritisiert. Dass Baerbock die Türkei von Athen aus öffentlich kritisiert habe, halte er für »nicht hilfreich«, sagte der CDU/CSU-Fraktionsvize am Sonntag der Nachrichtenagentur AFP. »Wir brauchen beide Länder dauerhaft als Partner – nicht nur, aber vor allem in der Nato.«
»Wer Reisen in diese beiden Länder kombiniert, muss den Stil und die Kommunikation von vornherein auf Moderation anlegen«, meinte Wadephul. Es sei falsch gewesen, die Türkei von griechischem Boden aus öffentlich zu kritisieren. »So richtig die Position sein mag, kluge Außenpolitik vertritt das im persönlichen Gespräch.«
Baerbock hatte am Freitag in Athen türkische Territorialansprüche in der Ägäis klar zurückgewiesen . Der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu warf ihr bei einem anschließenden Treffen in Istanbul Einseitigkeit vor: Er legte der Bundesregierung zur Last, ihre traditionelle Vermittlerrolle in den griechisch-türkischen Meinungsverschiedenheiten aufgegeben zu haben.
Linkenpolitikerin fordert härtere Gangart
Kritik an Baerbocks Reise kam auch von der Linkspartei. »Es gibt keinen Anlass, Baerbocks Türkei-Politik schönzureden, solange die Kritik an der Türkei Erdoğans folgenlos bleibt«, sagte die Außenexpertin der Linken-Bundestagsfraktion, Sevim Dağdelen, der Nachrichtenagentur AFP.
»Sowohl die deutschen Rüstungsexporte als auch die Finanzhilfen gehen weiter, und die völkerrechtswidrigen Angriffskriege des Nato-Partners Türkei sowohl im Irak als auch in Syrien werden weiterhin nicht als solche verurteilt«, kritisierte sie. Baerbock müsse ihren kritischen Worten nun Taten folgen lassen.
Lob aus der türkischen Opposition
Gökay Sofuoğlu, Vorsitzender der Türkischen Gemeinde in Deutschland, hatte Baerbock ebenfalls dafür kritisiert, dass sie und auch Außenminister Çavuşoğlu die »Sprache der Diplomatie« verlassen hätten. Offenbar fürchtet er, dass die türkeistämmige Bevölkerung unter »diesen Verhältnissen« leiden könnte, so Sofuoğlu.
Die türkische Opposition dagegen lobte die deutsche Außenministerin für ihre klaren Worte am Tag zuvor: »Direkte Aussagen und Konfrontation sind manchmal unausweichlich, nicht nur erforderlich«, sagte der Co-Vorsitzende der prokurdischen Partei HDP, Mithat Sancar, nach einem Treffen mit Baerbock.
Baerbock schweigt zum Streit
Baerbock besuchte am Samstag zum Abschluss ihres Besuchs ein Gemeindezentrum für Geflüchtete aus Syrien und dem Irak und eine Beratungsstelle für Frauen, die Opfer häuslicher Gewalt geworden sind. Dabei äußerte sie sich nicht mehr zu ihren Meinungsverschiedenheiten mit der türkischen Regierungslinie, sondern betonte die Bedeutung des »zivilgesellschaftliche Austausch« als »das Herz unseres Miteinanders«.
Die deutsch-türkischen Beziehungen basierten auf einem Miteinander von Menschen und seien »so viel mehr als die Baustellen«, so die Ministerin. Deswegen sei es ihr wichtig, Menschen vor Ort zu treffen.