Seit Wochen streiten FDP und Grüne in der Ampelkoalition darüber, ob die deutschen Atomkraftwerke länger am Netz bleiben sollen. Finanzminister und FDP-Chef Christian Lindner hatte jüngst vorgeschlagen, die Meiler »nötigenfalls bis 2024« am Netz zu lassen. Die Grünen-Co-Vorsitzende Ricarda Lang hält davon nichts: »Das, was Christian Lindner da will, ist nichts anderes als der Wiedereinstieg in die Atomkraft. Und das wird es mit uns auf jeden Fall nicht geben«, sagte Lang im ZDF-Sommerinterview.
Die Grünenchefin sagte weiter, die Atomdebatte werde von denen geführt, die beim Ausbau der erneuerbaren Energien versagt hätten und sich vor den Debatten über das Energiesparen wegdrückten – wie etwa Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU). »Ich erwarte zum Beispiel von einem Markus Söder, ich erwarte eigentlich von allen, die uns in diese Lage gebracht haben, dass sie endlich Teil einer Lösung werden«, sagte sie mit Blick auf die Union, die 16 Jahre lang im Bund die Regierung angeführt hatte, bevor die Ampelregierung aus SPD, Grünen und FDP 2021 an die Macht kam.
Lang sieht keinen Strommangel
Vor allem Politiker von FDP und Union fordern, die drei noch verbliebenen Atomkraftwerke über das Jahresende hinaus zu betreiben. Lindner hatte der »Bild am Sonntag« gesagt: »Vieles spricht dafür, die sicheren und klimafreundlichen Kernkraftwerke nicht abzuschalten, sondern nötigenfalls bis 2024 zu nutzen.« Er forderte, Gas dürfe nicht länger verbrannt werden, um Strom zu erzeugen.
Minister Lindner und Habeck
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Lang sagte, am besten sei es, Energie zu sparen. Gas werde kaum für die Stromerzeugung eingesetzt und sei nur minimal durch AKWs zu ersetzen. Kohlekraftwerke wirkten dagegen besser, weswegen diese jetzt genutzt würden. »Wir haben ein Wärmeproblem, kein Stromproblem.« Es werde nach bisherigen Erkenntnissen keinen Strommangel im Herbst und Winter geben. Das werde jetzt aber noch mal überprüft. Lang sagte, sie wolle die Ergebnisse des zweiten Stresstests abwarten. Auch Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) wartet auf diese Resultate, die laut Ministerium in den nächsten Wochen vorliegen sollen.
Lang forderte, die erneuerbaren Energien müssten in den nächsten Jahren mit Hochdruck ausgebaut werden. Sie verteidigte die geplante Gas-Umlage, mit der Versorger im Herbst einen Teil ihrer Extrakosten an Endkunden weiterreichen können. Die Umlage werde helfen, systemrelevante Firmen zu stabilisieren. Gleichzeitig müsse es weitere Entlastungen geben, um vor allem Bedürftige zu stützen.