Die Bundesregierung will mit neuen Maßnahmen auf die drohende Gas- und Energieknappheit im kommenden Herbst und Winter reagieren. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) kündigte in einer Videoansprache ein weiteres »Energiesicherungspaket« an.
Habeck nannte als konkreten Schritt etwa eine Erhöhung der vorgeschriebenen Füllstände in den deutschen Gasspeichern. Zum 1. September müssen die Gasspeicher demnach zu 75 Prozent gefüllt sein, zum 1. November soll der Füllstand bei 95 Prozent liegen. Zum 1. November war bislang nur ein Füllstand von 90 Prozent vorgeschrieben.
Neben der Steinkohle soll ab dem 1. Oktober auch die »Braunkohlereserve« wieder aktiviert werden. Durch die Verstromung von Braunkohle solle weiteres Gas gespeichert werden. Im Bahnverkehr soll der Transport von Kohle und Öl priorisiert werden. Dies solle auch mit einer Verordnung geregelt werden.
Das Wirtschaftsministerium kündigte auch geplante Gesetzesänderungen an, die private Verbraucher betreffen könnten. Derzeit gebe es teils vertragliche Verpflichtungen, eine Mindesttemperatur in gemieteten Räumen aufrechtzuerhalten, so das Ministerium: »Das heißt, wenn diese Mieterinnen und Mieter weniger heizen wollen, verstoßen sie gegen ihre Mietverträge.« In Abstimmung mit den anderen Ressorts der Bundesregierung soll nun geprüft werden, ob die Regelung vorübergehend ausgesetzt werden könne, »sodass Mieterinnen und Mieter, die Energie einsparen und die Heizung herunterdrehen wollen, dies auch tun dürfen«.
Ministerium rät: Hallen und Foyers nicht mehr zwangsläufig heizen
Weiter hieß es vom Ministerium, es sei sinnvoll, Räume, in denen man sich nicht regelmäßig aufhält, etwa Flure, große Hallen, Foyers oder Technikräume, nicht mehr zu heizen – außer, es gebe dafür sicherheitstechnische Anforderungen. Für öffentliche Einrichtungen und Bürogebäude solle das in Verordnungen geregelt werden. Zudem solle mit den Sozialpartnern über weitere Einsparmöglichkeiten im Arbeits- und Betriebsbereich geredet werden.
Auch solle der Einsatz von Homeoffice-Arbeit im Konsens mit Arbeitgebern und Arbeitnehmern ausgedehnt werden. »Die Lage bleibt angespannt, deshalb verstärken wir noch mal die Anstrengungen. Der Gasverbrauch muss weiter runter, die Speicher müssen voll werden. Daran sollten wir mit vereinten Kräften arbeiten«, sagte Habeck.
Habeck wirft Russland Erpressung vor
In seiner Videoansprache wies Habeck zudem Aussagen des Kreml und des staatlichen Konzerns Gazprom zurück, wonach Russland ein Garant für Europas Energiesicherheit sei. »Das ist eine Verdrehung der Tatsachen«, sagte Habeck. Vielmehr sei Russland zu einem »Unsicherheitsfaktor« im Energiesystem geworden. Der Kreml nutze seine Macht, um Europa und Deutschland zu erpressen. »Wir brauchen einen langen Atem«, sagte der Minister mit Blick auf den Winter.