Der stellvertretende Unionsfraktionsvorsitzende Jens Spahn (CDU) will die Blockade seiner Partei gegen ein Tempolimit nicht um jeden Preis aufrechterhalten. Sollten etwa die Grünen von ihrem Veto abrücken, die Laufzeit für Kernkraftwerke zu verlängern, könnte man auch über eine bundesweite Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen nachdenken, sagte der frühere Gesundheitsminister im ARD-»Morgenmagazin«.
»Ich kann ja bei der Kernenergie nicht sagen: Bitte keine Tabus, bitte alle Ideologien zur Seite legen, alle Optionen auf den Tisch, und dann selbst gleich schon wieder Denkverbote errichten beim Tempolimit«, sagte Spahn. Das Tempolimit mache zwar einen relativ geringen Unterschied beim Energieverbrauch aus – »aber wenn die Grünen sagen, das wäre dann ein nationaler Kompromiss, wir machen bei der Kernenergie für ein halbes Jahr länger eine Nutzung in der Mangellage, dann finde ich, sollten wir auch über ein Tempolimit reden können.«
In der nationalen Notlage brauche es ein gutes, gemeinsames Paket, bei dem alle über ihren Schatten sprängen, forderte Spahn. Am Wochenende hatten sich bereits der CDU-Obmann im Klimaschutz-Ausschuss, Thomas Gebhart, und Parteivize Andreas Jung offen für ein temporäres Tempolimit gezeigt. Jung sagte etwa, es müsse »alles in den Topf, was uns über den Winter hilft und CO₂ spart: Energiesparpakt, Kernenergie, Biomasse-Hochlauf und befristetes Tempolimit«.
Am Sonntag hatte die Grünenpolitikerin Ricarda Lang eine mögliche erneute Prüfung der Laufzeiten von Atomkraftwerken (AKW) in Aussicht gestellt, sollte sich der Energiemangel verschärfen. In der Talkshow »Anne Will« verwies Lang darauf, dass AKW bei einer Gasmangellage weniger flexibel seien als Kohlekraftwerke, um die Gasverstromung zu ersetzen. Lang machte auch auf Haftungsrisiken und die Anfälligkeit für Klagen bei längeren Laufzeiten aufmerksam. Sie komme daher zu dem Schluss, dass dies »Stand jetzt nicht der richtige Weg wäre«.
FDP lehnt Tempolimit vehement ab
Lang hatte ein Tempolimit auf Autobahnen bereits in der Vergangenheit befürwortet und auf die Abhängigkeit von russischen Energielieferungen verwiesen. Dass ein Tempolimit tatsächlich bald eingeführt werden könnte, scheint jedoch mit Blick auf die Koalitionspartner im Ampelbündnis unwahrscheinlich. Dort sperrt sich die FDP gegen eine solche Begrenzung, die sie schon in den Koalitionsverhandlungen abgelehnt hatte. »Ein Tempolimit hat keinen relevanten Einspareffekt beim Gas, insofern lenkt diese Diskussion vom eigentlichen Problem ab«, sagte etwa Parteivize Wolfgang Kubicki.
Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte dem Tempolimit zuletzt eine Absage erteilt: »Das hat diese Regierung nicht vereinbart, und deswegen kommt es auch nicht.«