Einige CDU-Politiker machen Druck auf die Ampelregierung, indem sie von ihrem traditionellen Nein zu Tempolimits auf Autobahnen abrücken – und im Gegenzug die Verlängerung der Laufzeiten der verbliebenen drei deutschen Atomkraftwerke fordern.
So sagte etwa der Unionsfraktionsvize Jens Spahn in der ARD, man könne über eine bundesweite Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen nachdenken, sollten die Grünen von ihrem AKW-Veto abrücken.
Der Vorsitzende des Klimaausschusses im Bundestag, Klaus Ernst, hält der Union nun vor, mit diesen Forderungen ein »falsches Spiel« zu spielen: »Weder das Tempolimit noch eine Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken helfen uns bei der akuten Energiekrise«, so der Linkenpolitiker zum SPIEGEL.
Zweiter Stresstest zur Sicherheit der Stromversorgung
Ernst weiter: »Das ist eine Scheindebatte, die von der Union betrieben wird, die uns nicht weiterbringt.« So würde eine Verlängerung der Atomkraftwerke, wenn überhaupt, erst ab Januar 2023 helfen. Weniger Verbrauch von Sprit wegen langsameren Fahrens auf der Autobahn bringe ebenfalls nichts beim Gasmangel. »Das Tempolimit ist richtig, aber mit unserem möglicherweise anstehenden Gasmangel im Winter hat das nichts zu tun«, so Ernst.
Mittlerweile lässt auch die Bundesregierung für einen Weiterbetrieb der drei noch verbliebenen Atomkraftwerke in Deutschland über das Jahresende hinaus doch noch einen Türspalt offen. Eine Regierungssprecherin sagte am Montag in Berlin, die Frage der Atomkraftwerke sei für die Bundesregierung von Anfang an keine ideologische, sondern eine rein fachliche Frage gewesen.
Sie verwies auf einen angekündigten zweiten Stresstest zur Sicherheit der Stromversorgung. »Das ist die Grundlage von Entscheidungen.« Eine Sprecherin von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte, es werde auf der Basis von Fakten und Analysen entschieden.
Der frühere Linkenchef Klaus Ernst betonte auch: Es dürfe natürlich keine ideologischen Scheuklappen geben: »Wenn technisch sichergestellt sein sollte, dass die Atomkraftwerke genauso sicher weiterlaufen können, wie es bisher der Fall war, wäre ein solcher Schritt denkbar. Ich bin da aber sehr skeptisch.«
Entscheidend sei aber nun, mit den Russen über die Gaslieferungen zu sprechen. »Langfristig müssen wir unabhängig von fossilen Energieträgern werden, aber kurzfristig sind wir auf das russische Gas angewiesen«, so Ernst. Im Gegensatz zu seiner Partei spricht sich Ernst vehement gegen die Energiesanktionen gegen Russland aus. Diese würden Russland nicht schaden, sondern aufgrund der teureren Gaspreise sogar nützen.