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News des Tages: Richtig heizen in der Gaskrise, Immobilienpreise, New York Nuklearschlag-Video

1. Die Wärme ist fern

Europa rüstet sich für die drohende Gaskrise im Winter. Es gebe ein »erhebliches Risiko«, dass Russland in diesem Jahr seine Lieferungen stoppt, heißt es in dem Entwurf für einen Notfallplan der EU-Kommission, der jetzt öffentlich wurde. Als eine Empfehlung ist darin aufgeführt: Behörden, Büros und Firmen nur noch bis 19 Grad zu beheizen. Der Plan kann sich allerdings noch ändern, er soll voraussichtlich Mittwoch kommender Woche vorgestellt werden. (Hier mehr.)

Da müssen sich doch allen Büro-Arbeitenden die Frage stellen: Droht nach zwei Corona-Wintern im Homeoffice der dritte im Gas-Lockdown? Dann ließen sich all die Konferenzetagen, Großräume und Kantinen noch weiter runterkühlen (zwischenmenschlich geht es da offenbar schon jetzt frostig zu, wenn ich die Kolumnen meines Kollegen Stefan Weigel richtig verstehe). Die Firmen würden Geld und Energie sparen – und die Industrie hätte ein Argument weniger gegen die Priorisierung privater Wohnhäuser.

Wie sich richtig viel Gas sparen ließe, wenn Mieter, Vermieter und Politik an einem Strang zögen und das auch noch in dieselbe Richtung, schildern Lion Hirth und Silvana Tiedemann von der privaten Berliner Hochschule Hertie School in einem Gastbeitrag für den SPIEGEL: »Deutschland steckt in der schwersten Energiekrise seit dem Ölpreisschock von 1973«, schreiben sie. In der Diskussion gehe es schnell um Atomkraft, Flüssiggas-Terminals und grünen Wasserstoff. »Dabei ist das größte Thema weit profaner: Heizen.« Fast die Hälfte des insgesamt genutzten Gases werde für Gebäudewärme verbraucht, weit mehr als in Industrie oder Kraftwerken. »Um uns auf Knappheit und hohe Preise vorzubereiten, müssen wir vor allem schlauer heizen«, schreiben sie. »Manches geht dabei ziemlich leicht.« Tatsache sei aber auch: Selbst wenn Russland weiter Gas liefert, werden die Heizkosten im kommenden Winter explodieren. »Energiesparen ist also auch mit Blick auf den eigenen Geldbeutel zu empfehlen.« Wir werden uns warm anziehen müssen.

  • Lesen Sie den ganzen Gastbeitrag hier: Schlauer heizen – so geht’s

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2. Teurer wohnen

Erst klingt es nach einer guten Nachricht, was mein Kollege Henning Jauernig berichtet: In den großen Städten Deutschlands sinken die Immobilienpreise. 15 Jahre lang wurden Häuser und Wohnungen immer teurer, im Jahr 2021 im Schnitt sogar um elf Prozent. Endet jetzt dieser Trend? Ja, sagt Henning: Erstmals seit der Finanzkrise 2008 lasse sich ein deutlicher Preisrückgang feststellen. Zwar nicht in enormer Höhe und nicht überall in Deutschland, aber zumindest in den deutschen Metropolen Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, München und Stuttgart.

Auf den zweiten Blick wird jedoch schnell klar: »Von den Preisrückgängen dürften Immobilieninteressenten nicht viel haben«, sagt Henning. »Denn durch die rasant gestiegenen Zinsen ist der Kauf unterm Strich immer noch teurer als vor wenigen Monaten.«

Was auch für Mieter bedeutet: Es wird kaum billiger. Da sich viele Menschen den Hauskauf nicht mehr leisten können, suchen sie nach Mietobjekten. »Die Folgen dürften klar sein«, so Henning, »weiter steigende Mietpreise.«

3. Die drei !!!

Erst dacht ich, es sei Satire, aber die Katastrophenschützer New Yorks haben offenbar wirklich einen Film veröffentlicht mit drei Tipps, was im Fall eines Angriffs mit Atomwaffen zu tun ist: erstens reingehen (und sich waschen), zweitens drinnen bleiben, drittens offizielle Informationen abwarten. Ich gebe zu, ich bin Laie, was alle Fragen der »Nuclear Preparedness« angeht; bei »Duck and Cover« denke ich mit meiner soliden donaldistischen Grundbildung an die Titelbilder von »Lustigen Taschenbüchern«. Aber auf mich wirkt beides verstörend: sowohl die Banalität der Tipps als auch die Tatsache, dass der Film erscheint.

Klar, there is no glory in prevention; wissen wir alle seit Corona. Aber was bezwecken die Filmemacher? Gibt es wirklich die begründete Hoffnung, dass weniger Leute panisch durch die Gegend rennen nach einem Atomschlag, weil sie sich erinnern: schnell nach Hause, Asche abschrubben, Katastrophen-App runterladen? Oder geht es darum, das Bewusstsein zu erhöhen: Leute, wir leben in gefährlichen Zeiten, Putin könnte auf den Knopf drücken? Ein früherer deutscher Innenminister hätte jetzt womöglich gesagt: »Ein Teil dieser Antworten würde die Bevölkerung verunsichern.«

Stilistisch fällt auf, dass bei Notfall-Tipps drei Regeln zu gelten scheinen: 1. Kurz ist gut. 2. Klar ist gut. 3. Drei sind gut. Wie bei der Aha-Formel zur Infektionsvermeidung/ Infektionsherauszögerung/ Selbstvergewisserung, irgendetwas tun zu können in der Pandemie: 1. Abstand halten. 2. Hygieneregeln beachten. 3. Alltagsmaske tragen. Irgendein Pedant muss gegen »Hände waschen« gemeckert haben, weil Niesen in die Armbeuge ja auch dazugehört. Und jemand anders muss sich den Fantasiebegriff »Alltagsmaske« ausgedacht haben, weil AHM nicht so gut klingt.

Irgendwann verstießen die behördlichen Gesundheitsschützer gegen die dritte Regel und bauten die AHA-Formel aus. Wie ein Mathelehrer mit Motivationsschub, weil die Klasse mit Mühe und Not den Kehrwert verstanden hat. Plötzlich hieß es AHA+L+C/A – das Lüften kam hinzu und die Corona-Warnapp. Vielleicht war das der Moment, als den Leuten alles zu viel wurde. Vielleicht bin ich aber auch einfach urlaubsreif. Bald gilt für mich nur noch eine AHA-Formel: abschalten, Handy weglegen, ausschlafen.

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Nachrichten und Hintergründe zum Krieg in der Ukraine:

  • Russischer Raketenangriff tötet mindestens 20 Menschen, darunter Kinder: Winnyzja liegt abseits der Kampflinien in der Ukraine, dennoch schlugen russische Raketen in zivile Gebäude im Zentrum ein. Videos zeigen eine massive Zerstörung, Präsident Selenskyj nennt Russland einen »Mörderstaat«.

  • Wo der Tod präsent ist, wenn das Leben beginnt: In der Geburtsklinik in Pokrowsk im Donbass gilt die Zwei-Mauer-Regel: Nur Räume, die zwei fensterlose Wände haben, werden als Kreißsaal genutzt, wegen der Bomben. In dem Wahnsinn aus Alarm und Beschuss bringen Frauen ihre Babys zur Welt.

  • Hier finden Sie alle aktuellen Entwicklungen zum Krieg in der Ukraine: Das News-Update

Was heute sonst noch wichtig ist

  • Fünf-Sterne-Bewegung entzieht Draghi das Vertrauen: Das Rechts-links-Bündnis von Mario Draghi steht vor dem Bruch. Zwar gewann der Ministerpräsident eine Vertrauensabstimmung – ein Koalitionspartner blieb dem Votum aber demonstrativ fern. Tritt der Premier nun zurück?

  • »Wir haben die Menschen im Ahrtal nicht vergessen«: 134 Menschen starben 2021 im Ahrtal. Nun hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Region erneut besucht – und den Menschen weiter Unterstützung versprochen.

  • Sri Lankas Präsident Rajapaksa reicht Rücktritt ein: Einen Tag nach seiner Flucht hat Gotabaya Rajapaksa sein Rücktrittsschreiben elektronisch an das Parlament geschickt. Damit ist der Weg für einen neuen Präsidenten frei – sobald das Original per Luftpost ankommt.

  • SPD-Schiedskommission will innerhalb von drei Wochen über Schröders Zukunft entscheiden: Die SPD-Schiedskommission hat ohne Ergebnis über Gerhard Schröder beraten. Große Hoffnungen auf einen Parteiausschluss machen sich führende Genossen kaum – doch das Verfahren könnte die Partei noch Monate beschäftigen.

Mein Lieblingsthemenschwerpunkt heute: Extremwetter in Europa


Foto: [M] DER SPIEGEL; Foto: Juan Ramon Cordoba / EyeEm / Getty Images

Staubige Erde, wo Wasser fließen sollte. Verkohlte Baumstämme zwischen Glutnestern, dort, wo Wälder stehen sollten: Weite Teile West-Europas leiden unter einer extremen Hitzewelle, es ist bereits die zweite in diesem Sommer. Mitte Juni ächzte der Kontinent schon einmal unter hohen Temperaturen. In der kommenden Woche dürfte die Hitze auch Deutschland erreichen. »Normal ist das nicht mehr, könnte man meinen«, schreibt meine Kollegin Viola Kiel aus unserem Wissenschaftsressort. »Doch womöglich muss es eher heißen: So sieht ›normal‹ in Zukunft aus.«

Ein Team, koordiniert von meinen Kollegen Kurt Stukenberg, widmet sich deshalb heute in einem Themenschwerpunkt dem Extremwetter in Europa – von der Dürre in Deutschland über die Trockenheit in Italien und der Extremhitze in Metropolen wir Athen. Die schlechte Nachricht: Wir werden lernen müssen, mit Hitze, Dürre und Bränden zu leben. Die nicht ganz so schlechte: Wir können, aber es wird anstrengend.

Was wir heute bei SPIEGEL+ empfehlen

  • Kernspaltung in der Koalition: Die FDP fordert immer entschiedener eine Laufzeitverlängerung der verbliebenen Atomkraftwerke. Die Grünen wollen das unter keinen Umständen. Wer ist sturer? 

  • »Wenn die Schuhe kaputt waren, musste ich zum Sozialamt«: Von der Hauptschülerin zur Bundestagspräsidentin: SPD-Politikerin Bärbel Bas spricht hier über persönlichen Verzicht in Zeiten des Krieges, Altkanzler Gerhard Schröder – und fordert neue Steuern für Reiche .

  • »Morgens wird man beleidigt, abends soll man zum Kuscheln kommen«: Tränen, Wut, Rückzug – und erst das Chaos im (früheren) Kinderzimmer! Der Pädagoge und Kabarettist Matthias Jung erklärt, wie Eltern die Pubertät ihrer Kinder möglichst unbeschadet überstehen .


Was heute weniger wichtig ist




Foto:

David Swanson / REUTERS


Yes, he Ken: Der kanadische Schauspieler Ryan Gosling, 41, hat sich zu seiner Rolle im »Barbie«-Film geäußert. Als er das erste Mal Aufnahmen von sich selbst als Puppengatte gesehen habe, habe er gedacht: »Endlich, endlich passiert es«, sagte er dem Branchenmagazin »Variety«. »Das hat sich mein ganzes Leben lang angebahnt.«

Tippfehler des Tages, inzwischen korrigiert: »Sie können mit fünffacher Schallgeschwindigkeit fliegen und gelten als besonders wenig«

Cartoon des Tages: James-Webb-Teleskop



Illustration: Klaus Stuttmann


Und heute Abend?

Könnten Sie anfangen, Klingonisch zu lernen – denn offenbar bildet das nicht nur kulturell, sondern könnte dem beruflichen Fortkommen nutzen.

Meine Kollegin Maren Hoffmann aus unserem Ressort »Job & Karriere« hat ein Interview mit dem Sprachgelehrten Lieven L. Litaer darüber geführt, warum Meetings auf Klingonisch viel effektiver wären. Litaer, hauptberuflich Architekt, hat mehrere Standardwerke über die Fantasiesprache aus dem »Star Trek«-Universum herausgegeben. Er sagt: Der Vorteil der Klingonen sei ihre Direktheit. »Ein Satz wie ›Ach, das Wetter ist aber heute schön‹ würde bei einem Klingonen ungefähr so ankommen, wie wenn ich Ihnen jetzt sagen würde: Die Dichte von Beton beträgt 2,4 Gramm pro Kubikzentimeter«, sagt Litaer. »Es ist eine in diesem Moment irrelevante Information.«

Qapla! 
Ihr Oliver Trenkamp

Hier können Sie die »Lage am Abend« per Mail bestellen.

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