Der Antisemitismusskandal bei der Documenta in Kassel beschäftigt nun auch den Bundestag. Zunächst ist er Mittwoch Thema im Kulturausschuss des Parlaments: Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne), der Geschäftsführer des Zentralrats der Juden in Deutschland, Daniel Botmann, die hessische Kunstministerin Angela Dorn (Grüne) und Documenta-Generaldirektorin Sabine Schormann werden über die Vorgänge berichten. Auch Ade Darmawan vom Kuratoren-Kollektiv Ruangrupa wird erwartet. Am Donnerstag debattiert der Bundestag das Thema auf Antrag der CDU/CSU-Fraktion.
Die Union will laut Antrag eine unabhängige Untersuchungskommission einsetzen, »die Fehlplanungen, Fehlprozesse sowie Fehlentscheidungen aufzeigt sowie personelle Verantwortlichkeiten benennt«. Es sei »völlig unverständlich, dass bislang keine personellen Konsequenzen gezogen wurden«, sagte die kulturpolitische Sprecherin Christiane Schenderlein zum Antrag. »Die Uneinsichtigkeit der Verantwortlichen vor Ort erschwert eine ehrliche und schonungslose Aufarbeitung.«
Union: Planungen für die Documenta 2027 zurückstellen
Laut Antrag soll der Antisemitismusbeauftragte einen Bericht vorlegen, in dem Tragweite und Folgen des Skandals bewertet würden. Planungen für die nächste Documenta in fünf Jahren sollten zurückgestellt werden, bis der Skandal aufgearbeitet sei und daraus entsprechende Maßnahmen folgten. Der Antrag sieht auch vor, »personelle Konsequenzen bei der Documenta zur Bedingung der Weiterförderung der Documenta mit Bundesmitteln zu machen«.
Roth hat bereits Änderungen in der Struktur der Documenta gefordert. Im Kern will Berlin mehr Einfluss, sonst soll es kein Geld mehr geben. Der Rückzug des Bundes aus dem Aufsichtsrat 2018 bei Festhalten an der Bundesförderung wird inzwischen als »schwerer Fehler« gewertet.
Der Vorsitzende des Documenta-Aufsichtsrats, Kassels Oberbürgermeister Christian Geselle (SPD), lehnt die Pläne des Bundes ab. Dorn, als Vertreterin Hessens Aufsichtsratsvize, stützt die Position Roths weitgehend.
Bei der neben der Biennale in Venedig wichtigsten Ausstellung für Gegenwartskunst war nach der Eröffnung Mitte Juni eine Arbeit mit antisemitischer Bildsprache entdeckt worden. Das Banner »People’s Justice« des indonesischen Kunstkollektivs Taring Padi wurde daraufhin abgehängt. Bereits vor der Eröffnung hatte es Antisemitismusvorwürfe gegen das kuratierende Kollektiv Ruangrupa gegeben, das ebenfalls aus Indonesien stammt.