Wer trifft sich?
Die Kerngruppe bilden auf Schloss Elmau die Staats- und Regierungschefs aus den USA, Kanada, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Japan: Joe Biden, Justin Trudeau, Olaf Scholz, Emmanuel Macron, Boris Johnson, Mario Draghi und Fumio Kishida. Sie vertreten die »Gruppe der 7«, die einst in den Siebzigerjahren als Runde der größten Industrienationen der Welt startete. Deutschland hat derzeit den jährlich wechselnden Vorsitz der G7 inne und ist daher diesmal Gipfelgastgeber.
Gemessen an der Wirtschaftskraft haben China und Indien Kanada und Italien verdrängt, doch die G7 sind heute eher ein politisches Wertebündnis, daher existieren sie in ihrer ursprünglichen Zusammensetzung fort. Auch die zwischenzeitliche Erweiterung ist Geschichte: Von 2002 bis 2013 war auch Russland mit dabei, aus den G7 wurden die G8. Nach der Annexion der Krim wurde Wladimir Putin ausgeschlossen, sein Überfall auf die Ukraine macht eine Rückkehr Russlands in den Kreis auf absehbare Zeit undenkbar.
Als »Beobachter« kommen für die Europäische Union Kommissionschefin Ursula von der Leyen und Ratspräsident Charles Michel nach Bayern. Zudem hat Bundeskanzler Scholz für das sogenannte »Outreach«-Format die Staats- und Regierungschefs Indonesiens, Indiens, des Senegal, Argentiniens und Südafrikas eingeladen.
Welche Themen stehen auf der Tagesordnung?
Der Krieg in der Ukraine steht im Mittelpunkt des Gipfels von Sonntag bis Dienstag. Am Montag wird der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj per Video zum Gipfel zugeschaltet.
Die USA wollen, so verlautet es aus dem Weißen Haus, den Druck auf Russland erhöhen und dafür »eine Reihe konkreter Vorschläge« unterbreiten. Es geht also um weitere Sanktionen. Scholz möchte in Elmau aber auch weiter nach vorne blicken und über die langfristige Unterstützung für die Ukraine sprechen. Dabei geht es um Milliarden, der SPD-Politiker fordert einen »Marshallplan« für den Wiederaufbau des Landes, so wie es ihn nach dem Zweiten Weltkrieg für Deutschland und andere europäische Staaten gegeben hat. Auch die wirtschaftlichen Folgen des Krieges sind ein großes Thema, Preissteigerungen und Fragen der Energie- und Ernährungssicherheit weltweit.
Wolodymyr Selenskyj (bei einem Videoauftritt beim Weltwirtschaftsforum): Zugeschaltet zum G7-Gipfel
Foto: Gian Ehrenzeller / dpa
Vor dem Hintergrund des Krieges wollen die G7 auch den Zusammenhalt der Demokratien weltweit stärken. »Unser Verständnis von Demokratie greift zu kurz, wenn wir uns nur auf den klassischen Westen konzentrieren«, sagte der Kanzler jüngst. Auch deswegen nehmen Indonesien, Indien, Senegal, Argentinien und Südafrika am Gipfel teil.
Andere Themen rücken in den Hintergrund. Dennoch will Scholz als Gipfelgastgeber auch seine Idee eines Klimaclubs vorantreiben. Länder sollen sich darin auf bestimmte Mindeststandards beim Klimaschutz verständigen.
Welche Proteste sind angekündigt?
Nach Angaben der örtlichen Behörden sind insgesamt 17 Protestveranstaltungen rund um den Gipfel angemeldet. Dabei geht es um Klimaschutz, die Globalisierung, um Hunger und Kriege in der Welt. Auch wollen russische und ukrainische Gruppen gegen den Krieg in der Ukraine demonstrieren.
Schloss Elmau aus der Luft: Perfektes Alpenidyll
Foto: IMAGO/Smith
In Garmisch-Partenkirchen, etwa sieben Kilometer Luftlinie von Schloss Elmau, zelten einige Hundert Aktivistinnen und Aktivisten in den Loisachauen. Zum Gipfelbeginn am Sonntag ist eine Demo rund um den Bahnhof geplant, am Montag wollen Protestierende in mehreren Gruppen auf Wanderwegen möglichst nah an das Luxushotel heranmarschieren, das sich allerdings in einem streng abgeschirmten Sicherheitsbereich befindet.
Dort kommt eigentlich kein Demonstrant hinein. Allerdings ist im Gespräch, das rund 50 Menschen in Polizeibussen in die Nähe des Schlosses gebracht werden, um dort zumindest für kurze Zeit ihre Botschaften verbreiten zu können. Schon für Samstag ist eine Großdemonstration in München geplant.
Welche Sicherheitsvorkehrungen gibt es?
18.000 Polizisten aus ganz Deutschland sind rund um den Gipfel im Einsatz. Sie sollen für einen friedlichen Verlauf sorgen, so wie 2015, als die G7 schon einmal auf Schloss Elmau zu Gast waren und die damalige Kanzlerin Angela Merkel schöne Bilder vor perfektem Alpenpanorama sammeln konnte.
Polizisten an einem Grenzübergang in der Nähe von Garmisch-Partenkirchen: Vorübergehende Kontrollen
Foto: CHRISTOF STACHE / AFP
Gerade für Olaf Scholz wäre es wichtig, dass es auch diesmal ruhig bleibt. Als Hamburger Bürgermeister musste er 2017 erleben, wie die Gewalt beim G20-Gipfel in der Hansestadt eskalierte. Scholz stand massiv in der Kritik, auch weil er das Gefährdungspotenzial rund um den Gipfel im Vorfeld mit dem Hamburger Hafengeburtstag verglichen hatte.
Bisher haben die Sicherheitsbehörden offenbar keine Hinweise auf eine besondere Mobilisierung in der linksextremen Szene. So gehen sie nicht davon aus, dass in Garmisch ein gewaltbereiter schwarzer Block aufmarschieren wird. Aufgeschreckt hat die Polizei allerdings ein Vorfall in München: Dort brannten in der Nacht zum Mittwoch acht Mannschaftsbusse der Polizei aus – ein wahrscheinlich politisch motivierter Anschlag.
Sollte es auch in Garmisch-Partenkirchen oder Umgebung zu Gewalt kommen, sind Justiz und Einsatzkräfte vorbereitet: Im Skistadion steht ein Containerdorf, in dem zwei Dutzend Richterinnen und Staatsanwälte Schichtdienst leisten. Wer Straftaten begeht, kann in einer provisorischen Arrestzelle landen.
Garmisch-Partenkirchen und die Orte rundherum sind streng gesichert, es wimmelt von Einsatzkräften. Der Zugang wird streng kontrolliert, Durchgangsverkehr umgeleitet, Gullydeckel wurden versiegelt, Mülltonnen dürfen nicht auf der Straße stehen, die Schulen bleiben am Montag und Dienstag dicht, die Kinder und Jugendlichen haben Distanzunterricht.
Der Tagungsort selbst, das »Schloss Elmau Luxury Spa Retreat & Cultural Hideaway«, ist durch Sicherheitsbereiche weiträumig vom allgemeinen Verkehr abgeschottet. Damit Demonstranten die Anreise der Gipfelgäste nicht durch mögliche Straßenblockaden behindern können, sollen Staats- und Regierungschefs mit dem Hubschrauber eingeflogen werden. Für den Fall, dass das Wetter für einen Helikopterflug zu schlecht sein sollte, sind Zufahrtsstrecken abgezäunt.
Schon vor einigen Tagen hatte die Bundespolizei mit vorübergehenden Stichprobenkontrollen an allen Grenzen zu den Nachbarländern begonnen, um die Einreise möglicher Gewalttäter zu verhindern.