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Paragraf 219a StGB: Bundestag kippt Werbeverbot für Abtreibungen

Proteste gegen die Kriminalisierung von Abtreibungen in Berlin


Foto: Sean Gallup / Getty Images

Ärztinnen und Ärzte dürfen in Deutschland künftig darüber informieren, wenn sie Abtreibungen anbieten. Der Bundestag hat den Gesetzentwurf zur Abschaffung des seit Langem umstrittenen Paragrafen 219a beschlossen. Damit hat die Ampelkoalition eines ihrer ersten gesellschaftspolitischen Projekte geschafft – das Kabinett hatte den Entwurf im März verabschiedet.

Der Paragraf regelte bislang das Verbot, für Schwangerschaftsabbrüche zu werben. Dies führt unter anderem dazu, dass Ärztinnen und Ärzte keine ausführlichen Informationen über solche Eingriffe öffentlich anbieten können, ohne Strafverfolgung befürchten zu müssen. Für eine Verurteilung reicht es schon, wenn eine Ärztin auf ihrer Homepage nicht nur angibt, dass sie Abtreibungen durchführt, sondern auch, mit welchem Verfahren.

Bundesfrauenministerin Lisa Paus (Grüne) sagte, heute sei »ein großartiger Tag für die Ärztinnen und Ärzte, aber vor allen Dingen für alle Frauen in diesem Land«. Es sei beim Paragrafen 219a nie um Werbung gegangen. Ungewollt schwangere Frauen suchten vielmehr Rat, und Ärztinnen und Ärzte wollten aufklären, hätten dies aber nicht so tun können, wie sie wollten. Mit der Abschaffung »endet endlich die jahrzehntelange Stigmatisierung und Kriminalisierung von Ärztinnen und Ärzten«, sagte Paus.

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Buschmann verteidigt Abschaffung

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hatte im Vorfeld die Abschaffung als überfällig bezeichnet. »Es ist höchste Zeit«, sagte Buschmann in der abschließenden Debatte im Bundestag. Jede Verurteilung nach dem Strafrechtsparagrafen 219a sei »eine Verurteilung zu viel«.

Wenn eine Frau sich mit der schwierigen Frage eines möglichen Schwangerschaftsabbruchs befasse, suche sie heutzutage »in aller Regel« zunächst im Internet nach Informationen, sagte Buschmann. Dort könne »jeder Troll und jeder Verschwörungstheoretiker« Dinge zu dem Thema verbreiten – hochqualifizierten Ärztinnen und Ärzten hingegen sei es verboten. »Das ist absurd, das ist aus der Zeit gefallen, das ist ungerecht, und deshalb beenden wir diesen Zustand.«


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Bedenken, dass die Streichung des Paragrafen 219a an den Schutz des ungeborenen Lebens rühre, wies Buschmann zurück. Dieser Schutz sei im Strafrechtsparagrafen 218 verankert – die beiden Paragrafen müsse man »streng auseinanderhalten«.

»Kommerzialisierende und banalisierende Werbung« für Abtreibungen werde es auch weiterhin nicht geben, betonte der Justizminister. Dem stehe das ärztliche Berufsrecht entgegen. »Es ist Zeit für mehr Vertrauen in Ärztinnen und Ärzte, und es ist Zeit für mehr Informationsfreiheit für Frauen«, resümierte Buschmann.

Union stemmt sich gegen die Abschaffung von 219a

Union und AfD äußerten sich empört über die Abschaffung des Gesetzesparagrafen. Abgeordnete beider Fraktionen betonten immer wieder, dass sich Frauen auch jetzt schon ausführlich über Schwangerschaftsabbrüche informieren könnten und dass die Rechte des ungeborenen Lebens nicht zu kurz kommen dürften.

Es gehe der Ampelkoalition vor allem darum, »ein Erfolgserlebnis zusammen zu produzieren« aus Gründen der »Gruppendynamik«, sagte die Vorsitzende des Rechtsausschusses, Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU) während der Bundestagssitzung.

Zwar könne jeder die schwierige Lage einer ungewollt schwangeren Frau nachvollziehen. »Aber wir denken eben auch an das Lebensrecht des Kindes – und das ist der maßgebliche Unterschied, den ich sehe zwischen uns«, sagte Winkelmeier-Becker an die Koalitionsfraktionen gerichtet. Die Union wolle daher an der geltenden Regelung festhalten.

Heilmittelwerbegesetz soll anstößige Werbung verhindern

Die Streichung von 219a ermögliche »proaktive Werbung im Internet«, warnte die CDU-Politikerin. Damit werde suggeriert, dass es bei einer Abtreibung »um eine ganz normale ärztliche Behandlung geht«, was nicht der Fall sei. Sowohl die CDU als auch die AfD hatten im Vorfeld der Abstimmung angekündigt, eigene Anträge einzureichen.

Damit künftig »anstößige« und unangemessene Werbung für Schwangerschaftsabbrüche verboten bleibt, sieht der abgesegnete Regierungsentwurf vor, das sogenannte Heilmittelwerbegesetz zu erweitern. So würden auch Schwangerschaftsabbrüche ohne Krankheitsbezug neu von dem Gesetz erfasst, das bislang in anderen Bereichen irreführende Werbung von Medizinprodukten regelt.

Das Gesetz muss formal noch den Bundesrat passieren, er kann aber ohne die Zustimmung der Länderkammer in Kraft treten.


muk/AFP/dpa

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