Die AfD ist vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe mit dem Antrag gescheitert, dass ihre Kandidaten zumindest vorläufig den Vorsitz in mehreren Bundestagsausschüssen übernehmen. Der Zweite Senat wies in einer am Donnerstag veröffentlichten Entscheidung den Eilantrag der Partei ab. Endgültig wird über die Klage erst zu einem späteren Zeitpunkt im Hauptsacheverfahren entschieden.
Die drei AfD-Kandidaten waren von den übrigen Ausschussmitgliedern nicht gewählt worden, woraufhin die Partei nach Karlsruhe zog und neben einer Organklage gegen solche Vorsitzendenwahlen den Eilantrag einreichte.
Als einzige Partei im Bundestag führt die AfD in keinem Ausschuss den Vorsitz – die anderen wollen ihre Kandidaten nicht mittragen. Die Fraktion spricht von einem Bruch jahrzehntelanger Gepflogenheiten und klagte deswegen in Karlsruhe.
Ausschüsse in jeder Wahlperiode neu besetzt
Die Ausschüsse werden in jeder Wahlperiode neu benannt und besetzt. »Die Ausschussvorsitzenden haben eine bedeutende Position«, heißt es auf der Homepage des Bundestags. Sie bereiten die Sitzungen vor, berufen sie ein und leiten sie. Welche Fraktion welchem Ausschuss vorsitzt, wird im Ältestenrat ausgehandelt. Kommt es – wie nach der Wahl im September – zu keiner Einigung, wird aus der Stärke der Fraktionen eine Zugriffsreihenfolge berechnet. Nach dieser Rangfolge dürfen sich die Fraktionen im Wechsel ihre Ausschüsse aussuchen.
An die AfD waren so der Innen- und der Gesundheitsausschuss sowie der Ausschuss für Entwicklungszusammenarbeit gefallen. Üblicherweise benennen die Fraktionen für ihre jeweiligen Ausschüsse dann auch einfach den oder die Vorsitzende – nur bei Widerspruch wird gewählt. Dabei hatten die anderen Abgeordneten am 15. Dezember in allen drei Ausschüssen die AfD-Kandidaten durchfallen lassen.
Die AfD machte geltend, dass ihr auf diese Weise eine gleichberechtigte Teilhabe verwehrt werde. Mit dem Eilantrag wollte die Fraktion erreichen, dass die von ihr nominierten Parlamentarier vorläufig als Ausschussvorsitzende eingesetzt werden, bis ihre Klage in Karlsruhe abschließend geprüft ist. Diese richtete sich gegen den Bundestag, dessen Präsidium und die betroffenen Ausschüsse.
Streit schon in der vorangegangenen Wahlperiode
Schon in der vorangegangenen Wahlperiode hatte es Streit gegeben. Damals hatte der AfD-Abgeordnete Stephan Brandner zwar zunächst in geheimer Wahl die notwendige Mehrheit erhalten, um den Vorsitz im Rechtsausschuss zu übernehmen. Im November 2019 wurde er aber wieder abberufen – ein einmaliger Vorgang in der Geschichte des Bundestags. Grund dafür waren mehrere Eklats, die Brandner ausgelöst hatte.
Auch hierzu läuft noch ein Verfahren in Karlsruhe. Einen Eilantrag der Fraktion auf Wiedereinsetzung Brandners hatten die Richter im Mai 2020 abgelehnt – unter anderem mit der Begründung, dass die AfD ihre Beeinträchtigung durch die Benennung eines anderen Kandidaten selbst verringern könne. Sie hatten damals aber auch auf den Grundsatz der Gleichbehandlung der Fraktionen verwiesen. Eine effektive Opposition dürfe nicht auf das Wohlwollen der Mehrheit angewiesen sein.