Die Bundesregierung steht bei Waffenlieferungen an die Ukraine seit Langem in der Kritik – die Ampelkoalition agiere zu zögerlich, meinen viele Beobachter. Nun hat sich Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) gegen die Vorwürfe gewehrt und die bisherige Verschwiegenheit bei Lieferungen mit taktischen Erwägungen begründet.
»Der Feind liest mit«, sagte Lambrecht bei einer Fragestunde im Bundestag. Damit Russland nicht über deutsche Waffenlieferungen informiert werde, habe sich die Ampelregierung bislang bedeckt gehalten, diese deutlich zu kommunizieren. Nun sei in Rücksprache mit der Ukraine ein Strategiewechsel erfolgt.
Lambrecht versprach künftig eine transparente Auflistung aller gelieferter und geplanter Systeme. Am Dienstag hatte die Bundesregierung erstmals öffentlich bekanntgegeben, was bislang an Waffen und sonstigem Material an die Ukraine geliefert worden ist – und was noch geliefert werden soll.
Lambrecht sagte, derzeit würden weitere Ringtauschoptionen mit Polen, Griechenland, Slowakei und Slowenien verhandelt. Der Ukraine müsse geliefert werden, was die Streitkräfte »für ihren mutigen Kampf« brauchten. Allerdings sei die Bundeswehr mit ihren Zusagen an ihre Grenze angelangt, um die Bündnisfähigkeit noch zu gewährleisten.
Als erstes schweres Kriegsgerät waren am Dienstag knapp vier Monate nach Kriegsbeginn sieben Artilleriegeschütze vom Typ Panzerhaubitze 2000 in der Ukraine eingetroffen. Als nächstes soll laut der Verteidigungsministerin das Mehrfachraketensystem Mars II folgen. Noch im Juni würden ukrainische Soldaten daran ausgebildet. Im Anschluss würden drei Systeme geliefert, Großbritannien und die USA würden zusammen weitere sieben Artilleriegeschütze liefern.
In der einstündigen Befragung ging die Opposition Lambrecht teils scharf an. Abgeordnete der CDU/CSU-Fraktion kritisierten, dass Deutschland bisher kaum schweres Gerät auf den Weg bringe – und es keinen Beschluss zur Lieferung von Panzern gebe.
Streitpunkt Gepard
Immer wieder ging es dabei vor allem um die bereits angekündigten 30 Flugabwehrpanzer des Typs Gepard. Sie sollen laut Lambrecht helfen, die kritische Infrastruktur zu schützen und etwa feindliche Flugzeuge vom Himmel zu holen. Die Union merkte an, dass die Geparde für den Bodenkampf eingesetzt werden könnten.
Lambrecht gab zurück, dass die ukrainische Armee erfolgreich arbeite und hoch qualifiziert sei. Es stehe ihr nicht zu, sie zu belehren, welche Waffe man wie verwenden könne. »Die Ukraine ist in einer ganz schwierigen Situation und wir sollten alles dafür tun, sie zu unterstützen«, so Lambrecht.
Auf die Frage, warum Deutschland zwar Geparde, aber bislang keine Marder-Panzer liefere, gab die Ministerin zurück, dass der Gepard trotz seiner Schwere nicht als Panzer gelte, der Marder hingegen schon. Auch andere Partner hätten bislang keine »Panzer westlichen Bauart« geliefert, also würde man sich in der Frage mit den Nato-Bündnispartnern abstimmen. »Es wird und es darf keine deutschen Alleingänge geben«, sagte Lambrecht. Die Union kritisierte, dass eine solche Unterscheidung zwischen Gepard Marder nicht stichhaltig sei.
»Wortklauberei und Verdrehung«
Zu einem hitzigen Schlagabtausch kam es zum Ende der Befragung zwischen Lambrecht und dem CDU-Abgeordneten Paul Ziemiak. Ziemiak wollte von Lambrecht wissen, ob sie sich einen Sieg der Ukraine wünsche. Lambrecht wollte sich auf das Wort »Sieg« nicht festlegen und sprach hingegen davon, dass sie mit allen Mitteln die Ukraine unterstützen werde. Ziemiak attestierte Lambrecht daraufhin eine Scheu vor einer klaren Antwort. Die Verteidigungsministerin warf Ziemiak daraufhin »Wortklauberei und Verdrehung« vor.