Ein Ungluck in einer Anlage von Freeport LNG, einem der grossten US-Betreiber von Flussiggas-Exportterminals, dreht die Preisspirale fur Gas in Europa noch hoher. Das Unternehmen teilte mit, dass seine Anlage in Texas aufgrund der Schaden durch einen Brand in der vergangenen Woche bis September vollstandig ausser Betrieb bleiben wird – und dann bis zum Jahresende nur teilweise in Betrieb gehen kann.

Weil nun mehr Gas in den USA verbleibt als geplant, brachen die Erdgaspreise dort aufgrund der Nachricht ein. In Europa wiederum stiegen sie stark an, weil das Angebot nun noch knapper wird. Auf die Anlage entfallen etwa 20 Prozent der US-amerikanischen LNG-Exporte, zugleich ist sie ein wichtiger Lieferant fur europaische Abnehmer, die seit dem Einmarsch Russlands in der Ukraine Alternativen zum russischen Gas suchen.

Der angekundigte monatelange Ausfall dieses grossen Terminalbetreibers trieb die europaischen Preise fur Gas um bis zu 21 Prozent, sie schlossen um 11,6 Prozent hoher bei 90,43 Euro pro Megawattstunde. Wahrenddessen wurden die US-Henry-Hub-Erdgas-Futures nach unten gedruckt, die bei 7,189 Dollar pro Million britischer Warmeeinheiten abschlossen und damit mehr als 17 Prozent unter dem Eroffnungspreis lagen.

Eine Explosion und ein Brand am 8. Juni legten die Anlage in Quintana, Texas, lahm, als eine unter Uberdruck stehende Pipeline riss, wie das Unternehmen am Dienstag mitteilte. Die Verarbeitungsprozesse seien nicht beeintrachtigt worden.

Die Anlage kann taglich 2,1 Milliarden Kubikfuss Erdgas zu einer unterkuhlten Flussigkeit fur den Transport verarbeiten und war nach Angaben des Beratungsunternehmens Rystad Energy in den letzten Monaten nahezu ausgelastet. Laut Rystad Energy wurden im Mai etwa 1,17 Milliarden Kubikfuss pro Tag nach Europa geliefert, im Marz waren es noch 0,81 Milliarden Kubikfuss.

>>Das ist sehr ernst<<

Europa sieht sich mit reduzierten Gaslieferungen aus der russischen Nord-Stream-Pipeline konfrontiert, fur die Wartungsarbeiten geplant sind. Es wird erwartet, dass sich Chinas LNG-Nachfrage von den Covid-19-Abschaltungen erholen wird.

>>Das ist sehr ernst<>Wir haben jetzt einen viel grosseren und viel umfangreicheren Ausfall bei Freeport LNG, der mehr Angebot vom Markt nehmen wird, als letzte Woche erwartet wurde.<<

Freeport sagte, dass durch den verlangerten Ausfall 40 Ladungen wegfallen werden, was deutlich uber der fruheren Schatzung eines dreiwochigen Ausfalls liegt, bei dem etwa 13 Ladungen betroffen gewesen waren. Analysten gehen davon aus, dass insgesamt zwischen vier und funf Millionen Tonnen LNG auf einem Markt von 100 Millionen Tonnen pro Jahr verloren gehen werden.

2,8 Millionen Tonnen weniger

Es sei davon auszugehen, >>dass Europa am starksten von diesem Vorfall betroffen sein wird<<, so die Analysten von Rystad Energy in dieser Woche. Durch den Produktionsausfall bis September werden weitere 2,8 Millionen Tonnen vom Markt verschwinden, sagte Alex Froley, LNG-Analyst bei ICIS.

Etwa 70 Prozent der Freeport-Exporte gingen in den vergangenen Monaten in die Europaische Union und nach Grossbritannien, wobei Frankreich, die Turkei und die Niederlande zu den grossten europaischen Importeuren in diesem Jahr zahlen.

Der Vorfall an der Anlage wird von dem Unternehmen, den US-Energie- und Pipeline-Aufsichtsbehorden und der US-Kustenwache untersucht. Die Explosion sei durch einen Bruch in den Druckleitungen verursacht worden, die das LNG von den Lagertanks zu den nahe gelegenen Docks transportierten, so das Unternehmen. Die Verflussigungsanlagen, die das Gas kuhlen, die Verarbeitungsbereiche, die Lagertanks und die Docks seien nicht beschadigt worden. Ein Sprecher des Unternehmens lehnte es ab, sich dazu zu aussern, ob die Ermittler mogliche Konstruktions- oder Baumangel untersuchen.