Ein umstrittener Gastbeitrag in der Zeitung »Welt« zu Geschlechtervielfalt hat Kritik aus der Bundespolitik auf sich gezogen. Der Bundesbeauftragte der Bundesregierung für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt, Sven Lehmann, schrieb in einem Gastbeitrag ebenfalls bei »Welt« , das Pamphlet triefe »vor Homo- und Transfeindlichkeit, ist wissenschaftlich nicht fundiert und arbeitet mit Fake News«.
Der Grünenpolitiker hielt in seinem Beitrag auch fest: »Ich schreibe diese Entgegnung nicht nur als Regierungsbeauftragter.« Er schreibe sie auch als schwuler Mann und als jemand, der solidarisch mit allen Minderheiten sei, die wegen ihres Seins diskriminiert würden. »Wir sind es leid, dass unsere Existenz überhaupt verhandelt wird. Wir sind es leid, dass Feindlichkeit gegenüber LGBTIQ* überhaupt als legitime ›Meinung‹ dargestellt wird und nicht als das, was sie ist: gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit.«
Döpfner kritisierte Beitrag intern
In der vergangenen Woche war der umstrittene Gastbeitrag von fünf Autorinnen und Autoren erschienen – kurz vor Beginn von weltweiten Aktionswochen (»Pride Month«), die Vielfalt in den Mittelpunkt rücken. Die Abkürzung LGBTIQ* steht für die Community von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgender, intersexuellen und queeren Menschen.
Die fünf Verfasser kritisierten in ihrem »Welt«-Beitrag den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. In dessen Sendungen sei angeblich »geleugnet« worden, »dass es nur zwei Geschlechter gibt«. In dem Beitrag stand auch, Kinder würden »indoktriniert« und »aufdringlich sexualisiert«.
Der Gastbeitrag löste Kritik aus. Auch innerhalb des Medienhauses Axel Springer, zu dem die Medienmarke »Welt« gehört, gab es Kontroversen. Springer-Chef Mathias Döpfner schrieb in der Folge an die eigenen Mitarbeiter, dass in der Sache der Beitrag der Gastautoren »unterirdisch« sei. Auch Döpfners Text ist auf der »Welt«-Website zu lesen . Für alle, die sich der LGBTIQ*-Community zugehörig fühlten, sei der Text eine Verletzung und Zumutung.
Döpfner ging zugleich darauf ein, dass das Medienhaus nach Erscheinen des Gastbeitrags von einer queeren Jobmesse ausgeladen worden sei. Die knapp 18.000 Mitarbeiter würden für den Artikel in Mithaftung genommen, schrieb Döpfner.
Auch »Welt«-Gruppe-Chefredakteur Ulf Poschardt meldete sich zu Wort . Er schrieb unter anderem, dass es auch wegen der Aufmachung des Gastbeitrags auf der Webseite Kritik gegeben habe.
Der Meinungsbeitrag war mit einer Grafik der Maus aus dem ARD-Kinderformat »Sendung mit der Maus« illustriert – daneben eine umgedrehte Regenbogenfahne, die als Symbol für queeres Leben steht. Grafik und Überschrift des Beitrags, der weiter auf der Webseite abrufbar ist, wurden geändert.