Vor dem Überfall auf die Ukraine hatten Wladimir Putin und die russische Führung immer wieder behauptet, der Westen habe Moskau durch die Nato-Osterweiterung betrogen. Auf Anfrage des SPIEGEL erklärte nun das Auswärtige Amt, »dass es zu keinem Zeitpunkt eine bindende Erklärung der Nato oder ihrer Mitgliedstaaten gegeben hat, keine Staaten aus dem Osten Europas aufzunehmen«.
Kürzlich hatte der SPIEGEL Dokumente aus dem Jahr 1991 präsentiert, in denen der damalige Außenminister Hans-Dietrich Genscher und westliche Diplomaten davon sprachen, dass es 1990 eine »Zusage« an Moskau gegeben habe. Allerdings bezogen sich Genscher und andere immer nur auf informelle Aussagen gegenüber den Sowjets. Die politische Bedeutung solcher informellen Aussagen bewertet das Außenministerium nicht.
Die Hauptsorge der westlichen Verbündeten direkt nach dem Mauerfall galt der Frage, ob ein geeintes Deutschland in der Nato bliebe – und nicht der Zukunft der Osteuropäer, die zu diesem Zeitpunkt ohnehin noch Mitglieder des Warschauer Pakts waren. Doch schon bald danach begannen in westlichen Regierungen Gespräche darüber, wie man mit möglichen Wünschen der Osteuropäer auf eine Nato-Mitgliedschaft umgehen wolle.
Russland unter Präsident Boris Jelzin stimmte 1997 der Nato-Osterweiterung zu, wenn auch murrend.
In einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Sevim Dağdelen (Linke) zu den historischen Dokumenten erklärt das Auswärtige Amt, »weder einen Wissensvorsprung noch weitergehende Rechte bei der Informationserhebung« zu haben, und verweist die Parlamentarier etwa auf die Bestände des Bundesarchivs und des Politischen Archivs des Auswärtigen Amtes.