Bundeswahlleiter Georg Thiel hat sich dafür ausgesprochen, die Bundestagswahl in sechs von 12 Berliner Wahlkreisen zu wiederholen. Thiel beantragte das in der Anhörung des Wahlprüfungsausschusses des Bundestages, wie unter anderem der »Tagesspiegel« berichtet .
Laut »Berliner Zeitung« wies Thiel wies darauf hin, dass in anderen großen Städten wie Hamburg, München oder Köln keine so schwerwiegenden Probleme und Pannen wie in Berlin aufgetreten seien. In Köln sei am Wahlsonntag sogar eine Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg entdeckt und entschärft worden, weshalb Wahllokale über Stunden schließen mussten. Dennoch habe es auch dort nicht annähernd so große Probleme gegeben.
Wahlen, Volksentscheid und dann auch noch ein Marathon
»Wir sind hier in der bundesdeutschen Hauptstadt eines zivilisierten Landes und doch klappt es nicht«, sagte Thiel demnach. Er sprach von einem »kompletten systematischen Versagen der Wahlleitung«.
Wahllokale seien zum Teil noch bis 21 Uhr offen gewesen, Menschen hätten ihre Stimmen abgegeben »während im Fernsehen schon die Elefantenrunde saß«, zitiert ihn die »Berliner Zeitung« weiter. Die »Schwere, Vielzahl und die Nichtnachweisbarkeit« von Wahlfehlern haben Thiel laut der Zeitung davon überzeugt, dass keine andere Lösung möglich sei.
Ob es am Ende zu einer Neuwahl in den sechs Wahlkreisen kommen wird, entscheidet der Bundestag. Der Wahlprüfungsausschuss bereitet eine Entscheidung vor und legt sie dem Bundestagsplenum zur Abstimmung vor.
Bei den Wahlen im vergangenen September war es in Berlin zu zahlreichen Pannen gekommen. Wegen fehlender oder falscher Stimmzettel wurden Wahlräume zeitweise geschlossen, es bildeten sich zum Teil lange Schlangen.
In Berlin hatten die Bürger am 26. September nicht nur den Bundestag, sondern auch das Abgeordnetenhaus und Bezirksverordnetenversammlungen gewählt. Hinzu kam die Abstimmung über einen Volksentscheid zur Enteignung großer Wohnungsunternehmen. Parallel dazu fand der Berlin-Marathon mit vielen Straßensperrungen statt.
Bundeswahlleiter Thiel hatte schon im November Einspruch eingelegt und sich dabei auf die sechs Wahlkreise konzentriert, in denen er nun die Wahl wiederholen lassen will: Das sind die Wahlkreise 75 (Berlin-Mitte), 76 (Berlin-Pankow), 77 (Berlin-Reinickendorf), 79 (Berlin-Steglitz-Zehlendorf), 80 (Berlin-Charlottenburg-Wilmersdorf) und 83 (Berlin-Friedrichshain-Kreuzberg – Prenzlauer Berg Ost).
Es habe teilweise sehr lange Wartezeiten gegeben, sodass in der Folge viele Wähler nicht von ihrem Wahlrecht hätten Gebrauch machen können, hieß es in der Mitteilung des Bundeswahlleiters vom November. Aufgrund der Probleme am Wahltag könne nicht ausgeschlossen werden, »dass sich ohne diese Vorkommnisse eine andere Sitzverteilung des Deutschen Bundestages ergeben hätte«.
Besonders in Reinickendorf könnten Fehler zu einer Verzerrung des Ergebnisses geführt haben. Dort lag Monika Grütters (CDU) nur ganz knapp vor Torsten Einstmann (SPD) und gewann das Direktmandat.