Martin Schirdewan, Abgeordneter im Europaparlament, soll am Mittwoch seine Kandidatur für den Linken-Parteivorsitz bekannt geben. Dies wird von mehreren Politikern der Linkenspitze »stark so erwartet«, wie sie dem SPIEGEL sagten. Schirdewan selbst sagte auf Nachfrage nur, er werde sich in dieser Woche noch erklären.
Schirdewan ist Co-Fraktionsvorsitzender der Linken im EU-Parlament. Der 46-Jährige wurde in Ost-Berlin geboren, arbeitete als Politikwissenschaftler und zog 2017 als Nachrücker erstmals ins EU-Parlament ein, als sein Vorgänger Fabio de Masi in den Bundestag gewählt wurde.
Dem Vernehmen nach soll bereits am Dienstag der sächsische Bundestagsabgeordnete Sören Pellmann seine Kandidatur bekannt geben. Er hatte zuvor bereits öffentlich bekundet, für den Vorsitz bereitzustehen, aber seine Kandidatur noch nicht offiziell verkündet. Ein entsprechender Termin soll morgen um 12 Uhr stattfinden.
Am Wochenende hatte bereits die amtierende Parteivorsitzende Janine Wissler angekündigt, erneut für den Vorsitzendenposten zu kandidieren. »Ich bin sehr gerne Parteivorsitzende und habe noch einiges vor«, sagte Wissler. Es gebe »sowohl das Potential als auch den Bedarf nach einer linken Partei«, betonte sie. »Wir haben es selbst in der Hand und ich möchte mit der erneuten Kandidatur meinen Beitrag leisten.«
Ende Juni soll auf einem Bundesparteitag in Erfurt die komplette Parteispitze neu gewählt werden. Üblicherweise bei den Linken besteht die Parteispitze aus zwei Personen, einer Frau und einem Mann, einer Person aus dem Westen und einer aus dem Osten. Die Hessin Janine Wissler würde dem aktuellen Stand nach auf dem Frauenplatz kandidieren. Die Ostdeutschen Schirdewan und Pellmann würden gegeneinander auf dem Männerplatz kandidieren. Weitere Kandidaturen sind bisher nicht bekannt.
Die Linke steckt in einer Krise, nahezu alle Wahlen in den vergangenen zwei Jahren gingen verloren. Zuletzt hatten die Metoo-Debatte, Auseinandersetzungen über die Haltung zu Russland und der Streit um die Parteiikone Sahra Wagenknecht der Partei schwer zugesetzt. Die Parteivorsitzende Susanne Hennig-Wellsow, die mit Wissler eine Doppelspitze gebildet hatte, war von ihrem Posten zurückgetreten. Auf dem Parteitag in Erfurt am 24. Juni will die Partei neben den Personalentscheidungen auch inhaltliche Grundsatzfragen klären.