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Bundeskriminalamt BKA: Politische Kriminalität nimmt wegen Coronaproteste deutlich zu

Die Zahl der politisch motivierten Straftaten hat im vergangenen Jahr einen Höchststand erreicht. Die meisten Delikte werden weiterhin von Rechten begangenen. Doch eine weitere Fallgruppe steigt stark.

BKA-Chef Holger Münch, Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD)


Foto: Bernd von Jutrczenka / dpa

Die Zahl der politisch motivierten Straftaten hat im vergangenen Jahr noch deutlicher zugenommen als bisher bekannt. Wie aus der am Dienstag veröffentlichten Statistik des Bundeskriminalamtes (BKA) für 2021 hervorgeht, wurden im Jahresverlauf in Deutschland 55.048 Straftaten mit politischem Hintergrund gezählt. Das waren gut 23 Prozent mehr als im Jahr zuvor.

»Wir müssen unsere Demokratie mit aller Kraft schützen«, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser bei der Vorstellung des Berichts in Berlin. Die politisch motivierte Kriminalität sei ein Gradmesser für die Intensität von gesellschaftlichen Konflikten. Im Zuge der Coronaproteste seien sehr viele Straftaten registriert worden – bis hin zu exzessiven Gewaltdelikten wie dem Mord in Idar-Oberstein durch einen Maskengegner.

Straftaten im Zuge der Coronaproteste

Diese Straftaten können den klassischen Phänomenbereichen bislang nicht zugeordnet werden. Mit einem Plus von mehr als 147 Prozent war der Anstieg bei solchen Straftaten, die von der Polizei keiner speziellen Ideologie zugeordnet wurden, am größten. Auf Tatverdächtige, die weder als Rechte, Linke, Islamisten noch Anhänger einer ausländischen Ideologie verortet wurden, entfielen den Angaben zufolge 21.339 Delikte.

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Experten sehen hier unter anderem einen Zusammenhang mit den Protesten gegen die staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Coronapandemie. Dazu passt, dass im vergangenen Jahr auch die Zahl der Straftaten gegen den Staat und seine Vertreter noch einmal stark zugenommen hat. Mehr als 14.000 Straftaten hat die Polizei hier registriert – ein Plus von knapp 51 Prozent. Knapp drei Viertel der Taten, die sich gegen Amts- oder Mandatsträger richteten, betrafen Tatverdächtige, die von der Polizei ideologisch keiner bestimmten Ideologie zugeordnet werden konnten.

Holger Münch, Chef des Bundeskriminalamtes, erklärte, dass die verschiedenen Kategorien evaluiert würden und Bekämpfungsstrategien entwickelt. Ein Beispiel sei das Instrument »RADAR-rechts«, mit dem ab sofort rechte Gefährder und relevante Personen standardisiert bewertet werden sollen. Die daraus resultierenden Bewertungen sollen als Basis dienen, diesen Personenkreis – bundesweit vergleichbar und koordiniert – mit Maßnahmen zu belegen.

Insgesamt wurden laut BKA die meisten Straftaten von rechts motivierten Tätern verübt. Die Polizei zählte hier knapp 22.000 Straftaten – ein Rückgang um knapp sieben Prozent. Rund 10.000 Straftaten wurden Linken zugeordnet – auch hier waren es rund 7,8 Prozent weniger als im Vorjahr. Dass im vergangenen Jahr so viele Straftaten mit politischem Hintergrund verübt wurden wie in den vergangenen 20 Jahren nicht, war schon im Januar durch eine parlamentarische Anfrage bekannt geworden.

Als besonders besorgniserregend bezeichnete Faeser der Anstieg der antisemitischen Straftaten um 29 Prozent auf den Höchststand von 3.027 Straftaten. »Es ist eine Schande für unser Land, wie viel antisemitische Hetze und Menschenverachtung auch heute verbreitet wird«, sagte die Bundesinnenministerin. 84 Prozent dieser Straftaten wurden im Phänomenbereich »PMK rechts« verzeichnet. Bei rund 61 Prozent der antisemitischen Delikte handelt es sich um Volksverhetzungen (+ 40 Prozent), von denen wiederum die Hälfte im Internet verübt wurde. Ungefähr die Hälfte der antisemitischen Straftaten wurden im Kontext der Coronapandemie begangen. Auffällig sei aber auch der islamistisch geprägte Antisemitismus, der Hass gegen Juden und gegen den Staat Israel offen propagiert.

Antisemitismus aus dem Bereich »ausländische Ideologien«

Im Phänomenbereich »PMK ausländische Ideologie« wurde ein Zuwachs um 14 Prozent auf 1.153 Straftaten registriert, davon 140 Gewalttaten (2020: 113). Ursächlich sind insbesondere Resonanzstraftaten im Zusammenhang mit dem Israel-Palästina-Konflikt und einem Anstieg der Veranstaltungen im Themenkomplex der Türkei, der Lage der Kurden und zur PKK. Die Fallzahlen im Phänomenbereich »PMK religiöse Ideologie« entsprachen mit 479 Delikten etwa dem Vorjahresniveau. Die Anzahl der Gewalttaten nahm hier um rund 40 Prozent auf 60 Fälle zu.

Doch auch im Linksextremismus gebe es keinen Grund zur Entwarnung: »Gegen linksextreme Gewalt müssen wir weiter sehr konsequent vorgehen«, so Faeser. Im Phänomenbereich »PMK links« ist die Zahl der Delikte um rund 8 Prozent auf 10.113 Straftaten gesunken. Bei den Gewalttaten haben die Polizeibehörden einen Rückgang um etwa 21 Prozent auf rund 1.203 Delikte registriert. Der Rückgang ist jedoch insbesondere auf einen coronabedingten weitgehenden Verzicht auf Großveranstaltungen im linken Spektrum zurückzuführen. Nach wie vor sei jedoch von einer besonders hohen Gewaltbereitschaft auszugehen, wie der hohe Anteil von Gewalttaten von rund 12 Prozent belege.


muk/dpa

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