Fährt er, fährt er nicht? Zahlreiche Staats- und Regierungschefs sind schon in die Ukraine gereist, um Solidarität mit dem Land zu demonstrieren. Vielfach wurde von Bundeskanzler Olaf Scholz gefordert, er solle ebenfalls nach Kiew fahren. Bislang hat er dies allerdings nicht getan.
Ganz gleich ob Scholz die Reise antritt oder nicht – ein erheblicher Teil der Bevölkerung wird mit der Entscheidung nicht einverstanden sein. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes Civey für den SPIEGEL.
Hintergründe zur Civey-Methodik lesen Sie hier.
Demnach würden 49 Prozent der Deutschen eine Reise des Kanzlers in die Ukraine befürworten. Dabei antworteten 36 Prozent der Befragten mit »Ja, auf jeden Fall« und 13 Prozent mit »Eher ja«.
35 Prozent sprechen sich allerdings auch gegen eine Reise des Bundeskanzlers aus, wobei 25 Prozent strikt dagegen sind und zehn Prozent mit »Eher nein« antworteten. 16 Prozent gaben an, unentschieden zu sein. Im Vergleich zum Vormonat stieg die Zahl der Unentschlossenen, während weniger Bürgerinnen und Bürger eine Reise kategorisch ablehnten.
Dabei zeigte sich ein deutlicher Unterschied zwischen Ost- und Westdeutschen. Im Westen sprachen sich 53 Prozent für eine Reise des Bundeskanzlers in die Ukraine aus. 15 Prozent gaben an, unentschieden zu sein – und nur 32 Prozent lehnten eine Reise ab.
Dagegen sind die Mehrheitsverhältnisse in den ostdeutschen Bundesländern umgekehrt. Hier sprachen sich 49 Prozent gegen eine Reise in die Ukraine aus, 16 Prozent zeigten sich unentschieden und nur 35 Prozent gaben an, der Kanzler solle in die Ukraine fahren.
Blickt man auf die Parteipräferenzen der Befragten, zeigt sich, dass Wählerinnen und Wähler der Grünen mit deutlicher Mehrheit für eine Fahrt des Kanzlers nach Kiew sind. Anhänger der SPD zeigten sich deutlich verhaltener. Bei Personen, die der AfD zuneigen, ist das Stimmungsbild umgekehrt – sie lehnen eine Reise mit deutlicher Mehrheit ab.
Scholz steht für sein als zögerlich empfundenes Handeln in Bezug auf die Ukraine immer wieder in der Kritik. Für seine bisherige Absage an eine Reise nach Kiew gab er einen diplomatischen Disput als Grund an.
Bundespräsident Steinmeier hatte Mitte April ursprünglich mit seinen Kollegen aus Polen und den drei baltischen Staaten nach Kiew reisen wollen. Der Bundespräsident, der als Außen- und Kanzleramtsminister die frühere deutsche Russlandpolitik entscheidend mitgeprägt hat, wurde dann aber von der ukrainischen Führung ausgeladen.
Nach der Absage an Steinmeier war bislang kein Mitglied der Bundesregierung nach Kiew gereist, um Präsident Wolodymyr Selenskyj vor Ort zu treffen. In einem Telefonat räumten Steinmeier und Selenskyj vergangene Woche aber Differenzen aus. Danach kündigte Scholz an, dass Bundesaußenministerin Annalena Baerbock die Ukraine besuchen werde. Zur Frage, ob er selbst auch nach Kiew reisen wird, äußerte sich Scholz nicht.
In der vergangenen Woche war zudem CDU-Chef Friedrich Merz nach Kiew gereist und hatte auch Selenskyj getroffen. Manche Beobachter werteten dies als Versuch, Scholz in der Frage einer Ukraine-Reise unter Druck zu setzen.