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Scholz nennt unbedingten Pazifismus >>aus der Zeit gefallen<< //

Lautstark haben Demonstranten Olaf Scholz auf einer Mai-Kundgebung fur Waffenlieferungen an die Ukraine kritisiert. Der Kanzler warf den Kritikern eine zynische Argumentation vor. Gegen Putin komme man nicht ohne Waffen an.

Olaf Scholz bei Auftritt am 1. Mai in Dusseldorf: Klare Worte and Pazifisten


Photo: SASCHA STEINBACH / EPA

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Olaf Scholz kann es im Moment niemandem recht machen. Die einen kritisieren ihn als zu zogerlich bei seiner Ukrainepolitik. Andere machen ihm die jungst beschlossene Lieferung von Panzern zum Vorwurf.

Dieses Spannungsfeld bekam der Kanzler nun wahrend seiner Rede auf einer Kundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) zum Tag der Arbeit in Dusseldorf zu spuren. Der Kanzler musste seine Stimme kraftig strapazieren, um sich Gehor zu verschaffen und gegen laute Protestierer anzukommen.


DER SPIEGEL

Diese riefen unter anderem >>Frieden schaffen ohne Waffen<<.

Scholz wiederum hielt den Demonstranten entgegen, ein radikaler Pazifismus sei angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine nicht mehr zeitgemass. >>Ich respektiere jeden Pazifismus, ich respektiere jede Haltung, aber es muss einem Burger der Ukraine zynisch vorkommen, wenn ihm gesagt wird, er solle sich gegen die Putinsche Aggression ohne Waffen verteidigen<>Das ist aus der Zeit gefallen!<<

Der Kanzler fugte hinzu: >>Ich sage ganz klar: Wir werden nicht zulassen, dass hier mit Gewalt Grenzen verschoben werden und ein Territorium erobert wird.<<

Deutschland werde die Ukraine wie viele europaische Lander weiter mit Geld, humanitarer Hilfe und auch Waffen gegen den russischen Angriff beistehen.

Fahnen und Plakate von Scholz-Kritikern in Dusseldorf: Lautstarke Proteste


Photo: SASCHA STEINBACH / EPA

Er sei dankbar, dass es in Deutschland so viel Unterstutzung gebe und auch >>auf diesem Platz trotz einiger, die dazwischenrufen<<, sagte Scholz an Protestierende gewandt, die ihn wahrend der Rede als Kriegstreiber beschimpften.

Scholz gibt sich fuhrungsstark

Zuvor hatte der Kanzler bereits in einem Interview seine Strategie im Ukrainekrieg verteidigt. >>Ich treffe meine Entscheidungen schnell – und abgestimmt mit unseren Verbundeten. Ubereiltes Agieren und deutsche Alleingange sind mir suspekt<<, sagte der SPD-Politiker der >>Bild am Sonntag<<. Er reagierte damit auf Vorwurfe, er agiere zu zogerlich und angstlich.

Auf der DGB-Kundgebung versprach Scholz, dass die Ampelkoalition trotz steigender Verteidigungsausgaben an anderen Projekten festhalten wolle. >>Wir werden keines unserer Vorhaben beenden, dass wir fur eine gerechtere und solidarische Gesellschaft in diesem Land auf den Weg bringen wollen<<, sagte der SPD-Politiker. Dies gelte auch, wenn die Regierung nun mehr Geld fur Sicherheit und Verteidigung ausgeben musse, sagte er in Anspielung etwa auf das geplante 100-Milliarden-Euro-Sondervermogen fur die Bundeswehr.

Als Beispiele nannte Scholz die Kindergrundsicherung, die Anhebung der Erwerbsminderungsrente sowie den Bau von bezahlbarem Wohnraum. Scholz verwies zudem auf die Anhebung des Mindestlohns auf zwolf Euro.

DGB-Chef warnt vor Sparen beim Sozialstaat

Die DGB-Kundgebungen am 1. Mai standen ganz im Zeichen des Ukrainekrieges. Gewerkschaftschef Reiner Hoffmann warnte eindringlich davor, den Militarhaushalt dauerhaft aufzustocken und den Sozialstaat zu vernachlassigen.

>>Wir sagen Nein zur massiven Aufrustung<<, sagte der DGB-Vorsitzende in Berlin. >>Wir brauchen dieses Geld fur Zukunftsinvestitionen in die Transformation. Und wir brauchen es fur die Leistungsfahigkeit unseres Sozialstaats.<< Militarische Friedenssicherung durfe nicht zulasten des sozialen Friedens gehen.

Den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine verurteilte Hoffmann in seinem vorab verbreiteten Redemanuskript zur zentralen Kundgebung am 1. Mai scharf. >>Wir fordern: Waffenstillstand jetzt!<<, erklarte der DGB-Vorsitzende.

Er sicherte den Menschen in der Ukraine Solidaritat zu und lobte die Hilfen fur Menschen, die aus dem Kriegsgebiet nach Deutschland geflohen sind.

>>Jetzt kommt es auch darauf an, dass die Qualifikationen der Gefluchteten unburokratisch anerkannt werden<>Es ist gut, dass der Arbeitsmarkt allen Gefluchteten unabhangig von Nationalitat oder Hautfarbe offensteht.<< Ziel sei, dass die Menschen rasch Arbeit zu ordentlichen Bedingungen fanden.

>>Ich warne aber all diejenigen Arbeitgeber, die meinen, Gefluchtete zu miesen Lohnen und grottigen Arbeitsbedingungen beschaftigen zu konnen<>nicht auch noch von skrupellosen Kapitalisten ausgebeutet werden<<.

Gewerkschaften wollen bei Tarifverhandlungen >>anstandige<< Lohne aushandeln

Der Gewerkschafter kritisierte Forderungen von Arbeitgebern nach Lohnzuruckhaltung bei den Tarifverhandlungen fur zehn Millionen Beschaftigte in diesem Jahr. >>In diesen Wochen werden 70 Milliarden Euro Dividenden an die Aktionare ausgeschuttet<>Viele Unternehmen sind Krisenprofiteure und fahren satte Extragewinne ein, man schaue nur auf die Mineralolkonzerne. Das geht gar nicht.<<

Notig seien anstandige Tariflohne und mehr Tarifbindung sowie eine Lohnuntergrenze, die vor Armut schutze. Das Entlastungspaket der Ampelkoalition gegen die stark steigenden Energiepreise sei richtig, aber nicht ausreichend. Rentner mussten einbezogen und arme Menschen starker entlastet werden, forderte Hoffmann.

Zuletzt hatten einige Okonomen und auch Arbeitgebervertreter die Gewerkschaften aufgefordert, sich bei Tarifverhandlungen zuruckzuhalten. Begrundung: Es durfe keine Lohn-Preis-Spirale in Gang gesetzt werden. Dahinter steht die Theorie, dass steigende Lohne zwangslaufig zu hoheren Produktpreisen fuhren und sich in der Folge Preise und Lohne gegenseitig hochschaukelten.

Gewerkschaft fordert 100 Milliarden Sondervermogen fur Bildung

Die Sorge, dass hohe Militarausgaben andere Regierungsvorhaben ausbremsen, war zentrales Thema am 1. Mai. So forderte die Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Maike Finnern, ein 100-Milliarden-Euro-Sondervermogen fur die Bildung.

Damit sollten Massnahmen finanziert werden, um die Chancengleichheit in Deutschland zu verbessern, sagte Finnern am Sonntag auf der DGB-Kundgebung zum 1. Mai in Essen. >>Gleiche Bildungschancen sind entscheidend fur die Entwicklung unserer Gesellschaft. Sie ermoglichen den Menschen Teilhabe und ein selbstbestimmtes Leben.<<

Finnern bezog sich mit ihrer Forderung auf das 100-Milliarden-Sondervermogen fur die Bundeswehr, das Kanzler Olaf Scholz (SPD) als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine angekundigt hatte.

Die GEW-Vorsitzende machte deutlich, dass sie die Bildungsvorhaben der Ampelkoalition grundsatzlich begrusse. Sie stellte aber auch fest: >>Die neue Bundesregierung inszeniert sich mit viel Pathos.<>so wenig wird uber die Preisschilder gesagt, die sich hinter den angekundigten Massnahmen verbergen<<.

Richtige Projekte seien unter anderem die angekundigten Verbesserungen der Betreuungsrelation in den Kitas und Qualitatsstandards fur die Ganztagsbetreuung, ausserdem das Startchancen-Programm, das fur 20 Prozent der allgemein- und berufsbildenden Schulen greifen soll.

Auch mehr Dauerstellen an den Hochschulen und die Fortfuhrung der Nationalen Weiterbildungsstrategie seien richtige Projekte. >>Das alles kostet Geld, viel Geld<>Das Sondervermogen ist eine Losung.<<


mmq/Reuters/dpa

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