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News: Manuela Schwesig, Mai-Demonstrationen, Boris Becker, Anke Rehlinger

Liebe Leserin, lieber Leser, guten Morgen,

heute geht es um viele Demonstrationen zu vielen Themen. Darum, was SPD-Frau Anke Rehlinger zu den Kanzlern ihrer Partei sagt. Und um den Fall Becker als nur vermeintliche Tragödie.

Frau Schwesigs Gefühl für Logik

Eine Stiftung für Klima- und Umweltschutz sollte dem Klima- und Umweltschutz dienen. Oder? Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig hat im Landtag im Januar 2021 jedenfalls behauptet, dass die Stiftung »Klima- und Umweltschutz MV« genau zu diesem Zweck da sein soll. Doch meine Kollegen Philipp Kollenbroich, Gunther Latsch und Jean-Pierre Ziegler haben neue Indizien gefunden, die den Verdacht stützen, dass die Stiftung vor allem dafür gedacht war, die von Schwesig befürwortete Gaspipeline Nord Stream 2 gegen drohende US-Sanktionen abzusichern.

In ihrem Artikel »Hat Manuela Schwesig das Parlament getäuscht?« zitieren meine Kollegen etwa Christian Pegel (SPD), Innenminister Mecklenburg-Vorpommerns, der als Energieminister an der Satzung der Stiftung mitgearbeitet hatte: »Die Stiftung sollte ja ein Schutzschirm für Unternehmen aus Mecklenburg-Vorpommern werden, und wir wollten nicht, dass amerikanische Sanktionswirkungen auf das Land durchschlagen.«

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Manuela Schwesig (SPD), Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern


Foto: Kay Nietfeld / dpa

Den Vorwurf, das Parlament über den eigentlichen Zweck der Stiftung getäuscht zu haben, weist Schwesigs Regierungssprecher aber zurück: »Die Stiftung sollte über viele Jahre Klima- und Umweltschutzprojekte in Mecklenburg-Vorpommern fördern und zeitlich begrenzt an der Fertigstellung der Ostseepipeline mitwirken. Mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine ist die Grundlage dafür entfallen. Deshalb strebt die Landesregierung eine Auflösung der Stiftung an«.

Logisch klingt diese Rechtfertigung nicht. Wenn die Fertigstellung der Pipeline nur ein untergeordnetes Anliegen gewesen ist, dann gäbe es jetzt keinen Grund, die Stiftung aufzulösen.

Mehr Nachrichten und Hintergründe zum Krieg in der Ukraine finden Sie hier:

  • Das geschah in der Nacht: Die Ukraine hat Medien zufolge eine Bahnstrecke im Separatistengebiet Donezk zerstört. Russlands Außenminister macht der Nato Vorwürfe. Und: Der Sprecher des US-Verteidigungsministers wurde emotional. Der Überblick.

  • Darum tragen deutsche Panzer Raubtiernamen: In der Bundeswehr ist es üblich, Panzern die Namen wilder Tiere zu geben. Das machten schon die Nationalsozialisten so. Dennoch gelten die Bezeichnungen heute als politisch unverdächtig.

  • USA trainieren ukrainisches Militär in Deutschland an Waffen: Die Ausbildung hat schon begonnen: Nationalgardisten aus Florida trainieren ukrainische Soldaten in Deutschland. Es geht unter anderem um den Umgang mit Haubitzen.

  • »Schon vor der Invasion gab es hier eine fünfte Kolonne Moskaus«: Ihor Kolychaew ist Bürgermeister der größten russisch besetzten Stadt der Ukraine. Nun wurde er aus dem Amt geworfen. Er macht dennoch weiter – und riskiert, auch von ukrainischer Seite bestraft zu werden.

Die soziale und die vielen anderen Fragen

Wer an diesem Wochenende demonstrieren gehen möchte, muss aufpassen, sich nicht aus Versehen einer falschen Gruppe anzuschließen. Allein in Berlin sind heute, am Vortag des 1. Mai, etliche Demonstrationen angekündigt: In der Rigaer Straße gibt es ein Fest linksradikaler Gruppen, im Wedding versammeln sich Gleichgesinnte unter dem Motto: »Von der Krise zur Enteignung – Die Reichen sollen zahlen«. Feministinnen kommen wiederum am Alexanderplatz zusammen, um die »Zerschlagung des Patriarchats« zu fordern.

Im Hamburger Schanzenviertel ist ein »Klassenfest gegen Staat und Kapital« geplant. In Dresden geht es um ein anderes Thema: Dort sind prorussische Kundgebungen angekündigt, aber auch Solidaritätsveranstaltungen mit der Ukraine.


Der damalige Bundesfinanzminister und Kanzlerkandidat Olaf Scholz SPD und die damalige Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock Bündnis 90/Die Grünen stehen nebeneinader während einer Kundgebung des DGB zum Tag der Arbeit auf dem Bassinplatz in Potsdam, 1. Mai 2021

Der damalige Bundesfinanzminister und Kanzlerkandidat Olaf Scholz SPD und die damalige Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock Bündnis 90/Die Grünen stehen nebeneinader während einer Kundgebung des DGB zum Tag der Arbeit auf dem Bassinplatz in Potsdam, 1. Mai 2021


Foto: Martin Müller / imago images/Martin Müller

Deutschland scheint eine Politisierung wie in den Siebziger- und frühen Achtzigerjahren zu durchleben, aber es wirkt alles komplizierter als damals. Linksradikale, aber auch Linke in ihrer klassischen Form, haben am 1. Mai zwar immer demonstriert: es ist der Tag der Arbeit. Doch inzwischen sind so viele Themen dazu gekommen, dass die soziale Frage nur noch eine von vielen ist. Und Linke oder diejenigen, die nur noch von Ferne als solche gelten, lassen sich in dem Themenwirrwarr längst nicht mehr so klar einordnen, wie es früher möglich war. Auch was sich hinter »Gelb« und »Schwarz« verbirgt, lässt sich nicht mehr so leicht erkennen, wodurch es für die Parteien schwieriger geworden ist, sich zu vermarkten.

Hinzu kommt: In den frühen Achtzigerjahren waren oft die Grünen auf den Straßen unterwegs, waren also die Absender der Parolen. Nun sind sie – als Teil der Regierung – häufig die Empfänger. Bei einer für heute geplante Großdemonstration, die gleichzeitig in Berlin und zehn anderen Städten stattfinden soll, dürften Grüne sogar sowohl die Absender als auch die Empfänger sein. Friedens- und Umweltaktivisten wollen auf Fahrrädern, Lastenrädern und Tandems unterwegs sein, um ein sofortiges Embargo für russisches Öl zu erreichen. Der Adressat ist hier das grün geführte Wirtschaftsministerium.

Neue SPD-Ministerpräsidentin Rehlinger: »Schröders Aussagen zu Putin sind bizarr«

Wenn früher von der »K-Frage« die Rede war, dann ging es um eine Kanzlerkandidatur. Wenn Sozialdemokraten heute eine K-Frage beantworten müssen, dann hat sie eine andere Bedeutung: Was denn vom amtierenden Kanzler zu halten sei? Und was von dessen SPD-Vorgänger?


Saarlands Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SDP)

Saarlands Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SDP)


Foto: RONALD WITTEK / EPA

Eben diese Frage stellte mein Kollege Matthias Bartsch Saarlands neuer Ministerpräsidentin Anke Rehlinger: Den einen, Gerhard Schröder, forderte Rehlinger im SPIEGEL-Interview zum Austritt aus der Partei auf: »Für mich ist es absolut unvereinbar, gleichzeitig auf der Gehaltsliste Putins und in der Mitgliederliste der SPD zu stehen«. Schröders Aussagen zu Putin seien »bizarr«, so Rehlinger. Einem Parteiausschluss könne der ehemalige Kanzler und SPD-Chef »nur noch durch einen Austritt zuvorkommen«.

Den anderen, den amtierenden Kanzler Olaf Scholz, verteidigte Rehlinger gegen den Vorwurf, in der Ukrainekrise zu wenig Führung zu zeigen. Es gehöre zum Führungsstil von Scholz, sich zunächst um die Lösung eines Problems zu kümmern und danach um die Kommunikation.

Ob sich Rehlinger daran aber ein Beispiel nehmen sollte, ist fraglich. Manchmal lässt sich ein Problem gar nicht mehr lösen, wenn die Kommunikation darüber zu lange hinausgezögert wird.

Verlierer des Tages…

…ist Boris Becker. Der ehemalige Tennisspieler ist von einem Londoner Gericht zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt worden, er musste seine Strafe unmittelbar antreten. Dem sechsmaligen Grand-Slam-Sieger werden Vergehen in seinem seit 2017 laufenden Insolvenzverfahren zur Last gelegt.


Boris Becker am 22.März auf dem Weg ins Londoner Gericht

Boris Becker am 22.März auf dem Weg ins Londoner Gericht


Foto: ANDY RAIN / EPA

Von einer »Tragödie« sprechen nun manche. Eine Tragödie aber sieht vor, dass jemand schuldlos schuldig wird. Davon kann bei Becker keine Rede sein. Schon 2002 war er von einem Münchner Gericht wegen Steuerhinterziehung zu einer Bewährungs- und Geldstrafe verurteilt worden. Spätestens dann hätte er verstehen müssen, dass nur einer die Verantwortung für seine Finanzen übernehmen kann: er selbst.


Die jüngsten Meldungen aus der Nacht

  • Erst bestellt Berlin den türkischen Botschafter ein – dann Ankara den deutschen: Die Bundesregierung hat dem türkischen Botschafter »sehr deutlich gemacht«, dass sie die Freilassung von Osman Kavala erwartet. Die Folge: Der deutsche Botschafter musste am Freitagabend in Ankara antreten

  • Gericht spricht Opfern von Fruchtbarkeitsbetrug fast 9 Millionen Dollar zu: Die Paare hatten alle den gleichen Wunsch: Ein Kind – durch künstliche Befruchtung mit Spendersamen. Doch sie wurden alle getäuscht – von ein und demselben Arzt. Er verwendete sein eigenes Sperma. Nun muss der Mann blechen

  • Bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz sinkt auf 717,4: Das RKI hat 87.298 Corona-Neuinfektionen innerhalb eines Tages registriert. Die Dunkelziffer dürfte höher liegen – nicht nur wegen des Testverhaltens der Bevölkerung

Die SPIEGEL+-Empfehlungen für heute

  • Drohende Konflikte auf dem Westbalkan: Während die Welt auf die Ukraine schaut, zündelt der Kremlherrscher auch auf dem Balkan. Ein serbischer Separatistenführer destabilisiert Bosnien und Herzegowina – mit Rückendeckung aus Moskau

  • Kalter Entzug vom Stoff aus Sibirien: Die EU will ihre Gas-Importe aus Russland drosseln und gleichzeitig die Speicher auffüllen. Doch Experten warnen: Damit die Pläne aufgehen, müssten Industrie und Kraftwerken abgeklemmt werden – und zwar wochenlang

  • Warum die Pandemie nicht endet: Ansteckend wie Omikron und vielleicht gefährlicher: In Südafrika sind neue Coronavirus-Varianten aufgetaucht, die sich auch in Europa verbreiten. Müssen wir dauerhaft mit einer Art tödlicheren und häufigeren Grippe leben?

  • Das geschenkte Herz: Alles haben Kerstin und Bernd miteinander durchgestanden – sogar das lange Warten auf Kerstins Herztransplantation. Wie schafft man es, an eine Zukunft zu glauben, wenn man nicht weiß, wann sie beginnt?

Ich wünsche Ihnen einen guten Start in den Tag.

Ihre Susanne Beyer

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