eformen der Konferenz zur Zukunft Europas: Weg mit dem Veto //
Es war ein komplizierter Prozess, so wie er fur die Europaische Union typisch ist: Ein Jahr lang durften europaische Burgerinnen und Burger mit Experten und Abgeordneten auf Konferenzen, in Plenarsitzungen und Arbeitsgruppen daruber diskutieren, was sie von der EU politisch erwarten und welche Reformen sie fur notwendig halten.
Das Ergebnis dieser >>Konferenz uber die Zukunft Europas<< ist ein fast 50-seitiges Papier mit Empfehlungen daruber, wie die EU demokratischer, burgernaher und effizienter gestaltet werden konnte. Es soll am Wochenende in Strassburg verabschiedet werden.
Die Befurchtungen, die Konferenz werde vor allem eine Ansammlung von Allgemeinplatzen und Minimalforderungen zustande bringen, hat sich nicht bewahrheitet. Die gebundelten Empfehlungen laufen – wenn sie denn umgesetzt werden – auf eine tiefgreifende Umgestaltung der EU hinaus.
Ende der Einstimmigkeit
So soll es kunftig keine Vetorechte fur einzelne Mitgliedstaaten mehr geben. In den Bereichen Aussen-, Sozial-, Steuer- oder Haushaltspolitik, in denen Beschlusse bislang einstimmig getroffen werden mussen, soll kunftig eine qualifizierte Mehrheit ausreichen. Auch fur Sanktionen gegen einzelne EU-Mitglieder wegen Verstossen gegen die Rechtsstaatlichkeit soll kunftig keine Einstimmigkeit mehr erforderlich sein.
Die Rolle des Europaischen Parlaments soll nach dem Willen der Konferenzteilnehmer deutlich gestarkt werden. So sollen die Abgeordneten kunftig das Recht erhalten, Gesetzesinitiativen auf den Weg zu bringen. Zudem wird ein Budgetrecht des Parlaments gefordert.
Die EU soll zudem in grosserem Umfang Schulden aufnehmen konnen und neue, eigene Finanzquellen erschliessen. Und die Konferenzteilnehmer wollen die Debatte uber eine europaische Verfassung wieder eroffnen.
Kommissionsgebaude in Brussel: Kunftig >>Exekutivkommission der EU<<?
Foto: OLIVIER HOSLET / POOL / EPA
Manche Vorschlage muten eher skurril an. So soll der Rat der EU kunftig Senat der EU heissen, und statt der EU-Kommission soll von der >>Exekutivkommission der EU<< die Rede sein.
Einige Neuerungen sind ohnehin geplant, etwa EU-weite Listen bei den Wahlen zum Europaischen Parlament, die die nationalen Listen erganzen sollen.
Die gesammelten Vorschlage sollen am 9. Mai der Fuhrung der europaischen Institutionen ubergeben werden – dem franzosischen Prasidenten Emmanuel Macron fur den Rat, Kommissionschefin Ursula von der Leyen und Parlamentsprasidentin Roberta Metsola.
Wie es dann konkret weitergehen soll, ist offen. Viele Empfehlungen wurden eine Anderung der europaischen Vertrage erfordern. Das heisst, sie mussten einstimmig beschlossen werden – so wie auch die Abschaffung der Einstimmigkeit.
Dass Europaparlament will darauf drangen, dass die Reformen moglichst rasch beschlossen werden. >>Diese Reformvorschlage sind nicht fur die Schublade, sondern mussen jetzt umgesetzt werden<>Wir haben jetzt die einzigartige Chance, Europa demokratischer und handlungsfahiger zu machen. Es ware absolut unverantwortlich von den Mitgliedstaaten, wenn sie jetzt hier weiter bremsen.<<
Ob Staaten wie Polen und Ungarn, aber auch die skandinavischen EU-Mitglieder eine Abschaffung ihrer Vetorechte zustimmen werden, ist sehr ungewiss. Die Haltung der Bundesregierung in dieser Frage ist offen.
Macron soll es richten
Damit die Vorschlage nicht einfach ad acta gelegt werden, verhandeln die Vorsitzenden der grossten Fraktionen im Europaparlament – Konservative, Sozialdemokraten, Grune und Liberale – uber eine Resolution. Sie sieht die Einberufung einer Reformversammlung vor, die die notigen Anderungen diskutiert und vorbereitet. Die Resolution soll moglicherweise schon in der kommenden Woche im Parlament verabschiedet werden.
>>Die Pandemie und der russische Krieg haben eine neue Realitat fur Europa geschaffen<>Es ist Zeit fur eine neue grundlegende Reflexion uber die Rolle Europas im 21. Jahrhundert und daruber, was die EU fur die Menschen in Europa leisten muss.<< Diese Debatte sollte in Form eines Konvents gefuhrt werden, so Weber.
Die Mitgliedstaaten mussten einem solchen Konvent mit einfacher Mehrheit zustimmen. Nach dem Wunsch der Parlamentarier soll diese Versammlung noch unter franzosischer Ratsprasidentschaft, die bis Ende Juni geht, beschlossen werden.
Die Chancen dafur stehen nicht schlecht. Immerhin kam die Idee zur Konferenz uber die Zukunft Europas vom frisch wiedergewahlten franzosischen Prasidenten Macron.