Connect with us

Hi, what are you looking for?

Welt

News: Emmanuel Macron, Marine Le Pen, Frankreich, Die Linke, Ukraine-Krieg

Liebe Leserin, lieber Leser, guten Morgen,

heute geht es um das französische Fernsehduell. Außerdem befassen wir uns mit Familien und mit Apokalypsen als Mittel der Politik, mit Baerbocks Reisen und dicken Autos.

Franzosen first

Deutschland war kein großes Thema, als sich die französischen Präsidentschaftskandidaten Emmanuel Macron und Marine Le Pen gestern Abend ein Fernsehduell lieferten. Trotzdem wurde deutlich, wie beide zum Nachbarland stehen.

Wie sehr sich Macron darum bemüht, seinen Landsleuten die Deutschen als Partner anzupreisen, merkte man an einer Stelle: Als er erwähnte, dass der mRNA-Impfstoff auch in Deutschland entwickelt wurde. Überdies lobte er die deutsch-französische Achse und zählte auf, was man zusammen in Europa erreicht habe, zum Beispiel gemeinschaftliche Schulden für den Coronafonds.

Advertisement

Le Pen kam eher beiläufig auf den Nachbarn zu sprechen, als sie darauf verwies, dass man dort vom russischen Gas abhängig sei. Da schien durch, dass ihre Sicht auf Deutschland eher skeptisch ist. Sie erwähnte, dass deutsche Autos »bevorzugt« würden, empfahl Frankreich aber, sich bei Verhandlungen in der EU ähnlich zu verhalten, wie Deutschland das angeblich tut: »Die Deutschen treten hart mit dem Fuß auf«, sagte sie laut der Übersetzung beim Fernsehsender Phoenix.

Kontrahenten im TV-Duell: Emmanuel Macron und Marine Le Pen


Foto: LUDOVIC MARIN / AFP

In seinem Schlussplädoyer sagte Macron, die Wahl am kommenden Sonntag sei auch ein Plädoyer »für oder gegen die EU, für oder gegen die deutsch-französischen Beziehungen«. Le Pen erwähnte Deutschland nicht mehr.

Setzt man die deutsche Brille ab, war es ein fast dreistündiges Duell, in dem es vor allem um soziale Fragen ging. Die größten Unterschiede zeigten sich beim Thema EU und bei der Migrationspolitik. Macron will ein liberales, weltoffenes Frankreich, Le Pen eine Nation, die vor allem auf sich selbst schaut und in der Franzosen mehr zählen als andere. Mindestens vier Millionen Menschen will sie ausweisen lassen.

Le Pen schaffte es meistens, ihre zum Teil üblen Ansichten mit milder Miene vorzutragen. Macron konnte seine Herablassung nicht immer verbergen. Man kann nur hoffen, dass ihn das nicht zu viele Sympathien gekostet hat.

Der politische Nutzen der Familie

Heute befassen wir uns aus gegebenem Anlass mit zwei speziellen Formen der politischen Kommunikation: der Instrumentalisierung der Familie und der Ankündigung der Apokalypse. Beginnen wir mit der Familie.

Gestern begründete die Bundesvorsitzende der Linkspartei, Susanne Hennig-Wellsow, ihren Rücktritt unter anderem damit, dass sie mehr Zeit für ihren Sohn brauche. Erst kürzlich hatte Familienministerin Anne Spiegel ihren langen Urlaub kurz nach der Flutkatastrophe gerechtfertigt, indem sie auf einen Schlaganfall ihres Mannes und Corona-Stress bei den Kindern verwies.

In beiden Fällen wurde die Familie ins Feld geführt, um eine unangenehme Angelegenheit in das hellere Licht der Verantwortung für die Familie zu rücken, Hennig-Wellsow ihren Rücktritt, Spiegel ihr Versagen in Zeiten der Flut.


Susanne Hennig-Wellsow, Ex-Bundesvorsitzende der Linkspartei

Susanne Hennig-Wellsow, Ex-Bundesvorsitzende der Linkspartei


Foto: Fabian Sommer / dpa

Hennig-Wellsow hätte das stressige Amt der Bundesvorsitzenden nicht übernehmen sollen, wenn sie viel Zeit mit ihrem Sohn verbringen will. Spiegel ist ins stressige Bundeskabinett gewechselt, obwohl ihre Kinder da schon in der Corona-Welt lebten und ihr Mann seinen Schlaganfall bereits erlitten hatte. Ihre Argumentation wirkt daher fadenscheinig.

Es ist hochnotpeinlich, solche privaten Dinge hier zu erörtern, aber wenn Politiker mit ihrer Familie argumentieren, muss man das hinterfragen. Mir wäre lieber, sie würden Kinder und Partner auch in dunklen Stunden nicht politisch einsetzen. Das haben die nicht verdient.

Der politische Nutzen der Apokalypse

Wenn es ganz schlecht läuft, haben wir es bald mit einer »Killervariante« des Coronavirus und einem »erweiterten de facto Weltkrieg« zu tun. Wir sind also beim Thema Apokalypsen angekommen. Von einer möglichen Killervariante sprach kürzlich Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, vom möglichen Weltkrieg Anton Hofreiter, Europapolitiker bei den Grünen.

Apokalypsen haben verschiedene politische Funktionen. Zum einen sind sie ein Mittel der Angstpolitik. Je größer die Angst, die ein Politiker schürt, desto besser die Chance, sich durchzusetzen. Das ist das Kalkül. Lauterbach will die Bürgerinnen und Bürger zur Vorsicht mahnen, also macht er ihnen Angst.


Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD)

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD)


Foto: JOHN MACDOUGALL / AFP

Zum anderen sind Apokalypsen ein Mittel der Schuldpolitik. Hofreiter will Bundeskanzler Olaf Scholz dazu drängen, schwere Waffen in die Ukraine zu liefern. Andernfalls würde nach Hofreiters Meinung ein Weltkrieg drohen, an dem Scholz mindestens mitschuldig wäre. Angst wird auf diese Weise nebenbei auch geschürt.

Apokalypsen sollen verunsichern, sollen erschüttern. Damit sind sie das Gegenteil von dem, was Politik eigentlich soll: Verunsicherung abbauen, Ängste nehmen. Man kann sie sich sparen.

Mehr Nachrichten und Hintergründe zum Krieg in der Ukraine finden Sie hier:

  • Was in der Nacht zu Donnerstag geschah: Aus dem Kiewer Vorort Borodjanka gibt es Berichte über weitere Massengräber. Die Ukraine will über Evakuierungen in Mariupol verhandeln. Und: Johnson vergleicht Putin mit einem Krokodil. Der Überblick.

  • »Sie sollen uns endlich die Wahrheit sagen. Sagen, wo unsere Kinder sind«: Sechs Tage ist es her, dass das russische Flaggschiff »Moskwa« im Schwarzen Meer unterging. Auch Wehrdienstleistende waren an Bord – trotz gegenteiligen Versprechens von Putin. Verzweifelte Eltern verlangen nun Antworten.

  • Russland testet Interkontinentalrakete, die USA reagieren entspannt: Russland hat eine mit Atomsprengköpfen bestückbare Rakete abgefeuert, Moskau rühmt sich vor allem für die Reichweite. Der Test während des Krieges wurde laut der USA aber angekündigt.

  • In der Todesfalle – warum so viele russische Panzer explodieren: Die ukrainische Armee fügt Putins Panzerbrigaden herbe Verluste zu. Für die russischen Besatzungen werden die Tanks wegen einer technischen Besonderheit dabei oftmals zur Todesfalle – sie sitzen auf einem Pulverfass.

Klare Worte

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock besucht heute Estland und Litauen. Gestern war sie in Lettland. Dies ist gleichsam das Gegenmodell zur Angstpolitik. Baerbock will den baltischen Nato-Partnern die Angst nehmen, sie könnten von der Bundesrepublik im Stich gelassen werden, falls Putin sie angreifen würde. »Wir werden im Notfall jeden Quadratzentimeter unseres Bündnisgebiets verteidigen«, hatte Baerbock vor der Abreise gesagt. Klare, starke Worte, hinter die niemand zurück kann.

Verlierer des Tages

Ich lese immer gern die Berichte meiner Autokollegen beim SPIEGEL. In dieser Woche wurden dort der neue 7er BMW und der Mercedes EQS SUV vorgestellt. Das sind zum Teil Elektrofahrzeuge, und doch sind sie Ausweis dafür, dass diese Firmen nicht viel verstanden haben oder lieber nichts verstehen wollen.


Mercedes EQS SUV

Mercedes EQS SUV


Foto: Mercedes-Benz AG / dpa

Beide Modelle haben fast die Dimension von Lastwagen, sie sind schwer und schnell, sie sind Symbole für den ewigen Glauben an das Wachstum. Auch mit E-Motoren verbrauchen sie enorm viele Ressourcen und beanspruchen eine Menge Platz auf den Straßen und Parkplätzen. Deshalb sind BMW und Mercedes meine Verlierer des Tages.


Die jüngsten Meldungen aus der Nacht

Die SPIEGEL+-Empfehlungen für heute

  • Schadet der Covid-19-Aufbaufonds Natur und Umwelt? Um die sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Coronapandemie zu lindern, verteilt die EU über 720 Milliarden Euro an die Mitgliedstaaten. Naturschützer befürchten, dass die Gelder auch in umweltschädliche Projekte fließen.

  • So finden Sie heraus, welcher Sport Ihren Kindern liegt: »Es ist problematisch, wenn Kinder nur vor Bildschirmen kleben!«, sagt Franziska Lautenbach. Doch was tun, wenn sie keine Lust auf Fußball oder Judo haben? Und welche Rolle spielen Eltern? Hier gibt es Profi-Antworten.

  • Das Duell der Damen: Sie trafen sich jeden Dienstag – doch in den Achtzigerjahren haderte die britische Königin mit ihrer Premierministerin. Denn Thatchers Politik spaltete die Nation und gefährdete den Fortbestand des Commonwealth.

  • »Sturheit hilft in vielen Situationen«: Maschinenbauingenieurin, Wertpapierhändlerin – und seit ihrem 34. Lebensjahr passionierte Frauenfahrradtüftlerin: Hier erklärt Georgena Terry, warum sie keine Angst vor dem Scheitern hat.

Ich wünsche Ihnen einen guten Start in den Tag.

Ihr Dirk Kurbjuweit

You May Also Like

Welt

Nur eine Wachspuppe? Foto: — / dpa In aller gebotenen Schärfe verurteilt Die Linke Alternative für Deutschland (DLAfD) die Kriegstreiberei des westatlantischen Angriffsbündnisses Nato und...

Deutsche

Fortschritt ist ein unaufhaltsamer Prozess. In unseren Küchen, Garderoben, Autos und Smartphones stecken Erfindungen, Miniaturwerkzeuge und Haushaltsgeräte, die ohne den Erfindergeist von Technikern in...

Welt

Mehr als 10.000 Tiere hat sie schon geimpft. Um aber Menschen immunisieren zu dürfen, muss Viola Hebeler noch mal ganz von vorne anfangen. Besuch...

Deutsche

Annalena Baerbock versucht, Nord Stream 2 zu Gunsten teurer amerikanischer Konzerne zu verdrängen. Amerikanisierung des globalen Gases Die Amerikaner haben die Hoffnung nicht aufgegeben,...